Sendedatum: 18.12.2019 | 19:30 Uhr | Nordmagazin
1 | 26 Auf den ersten Blick offenbart sich noch die einstige neobarocke Pracht der Villa Baltic in Kühlungsborn. Mit direktem Blick auf die Ostsee hat sie der Berliner Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Hausmann 1912 errichten lassen - als Privathaus für sich und seine Frau Margarete.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
2 | 26 Das Paar bleibt kinderlos. Es vermacht die Villa der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, welche darin 1931 ein Erholungsheim für arme Akademiker und Künstler einrichtet, ehe die Nazis die jüdischen Besitzer enteignen. Zu jener Zeit befindet sich vor der Seeseite des Hauses ein gepflegter Park.
© Archiv Wolfgang Bade, Kühlungsborn
3 | 26 Von dem ist heute nichts mehr zu sehen. Und auch die schmuckvolle Fassade bröckelt nach Jahrzehnten des Leerstands. Die Fenster sind eingeworfen oder mit Sperrholzplatten vernagelt.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
4 | 26 Der Eingangsbereich ist übersät mit Graffiti. Durch eine stählerne Baustellentür führt der neue Besitzer ins Innere.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
5 | 26 Immobilienentwickler Jan Aschenbeck hat das Gebäude zusammen mit seinem Bruder Berend gekauft - für zwei Millionen Euro. Seiner Auffassung nach ist der "Kaufpreis ein relativ überschaubarer Anteil dessen, was wir hier finanziell leisten müssen."
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
6 | 26 Denn auch im Inneren ist vom alten prunkvollen Zustand nicht mehr viel erhalten geblieben. Ist die Eingangshalle durchschritten, gelangt man in das Kaminzimmer, ...
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
7 | 26 ... das zu DDR-Zeiten so eingerichtet war. Natürlich darf damals im vom staatlichen Gewerkschaftsbund finanzierten Ferienheim ein Foto vom Staatsratsvorsitzenden nicht fehlen. Auf dieser Aufnahme von 1973 ist Erich Honecker ganz links zu erkennen.
© Archiv Wolfgang Bade, Kühlungsborn
8 | 26 Die Enteignung der früheren jüdischen Besitzer wird auch im Sozialismus nicht korrigiert, sondern unter anderen politischen Vorzeichen fortgeführt. Über die prächtige Marmortreppe gelangen die Urlauber in die Säle im oberen Geschoss.
© Archiv Wolfgang Bade, Kühlungsborn
9 | 26 Heute fehlt das marmorne Geländer - und auch die Löwen auf dem Absatz. Diese allerdings konnten von den Aschenbeck-Brüdern nach dem Kauf in Sicherheit gebracht werden.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
10 | 26 Schlechter steht es um die Reste des Geländers: Sie liegen unsortiert in einer Fensternische. "Was uns wehtut, ist nicht nur die Feuchtigkeit, die hereingekommen ist, sondern der Vandalismus. Der hat richtig zugeschlagen", sagt Aschenbeck. Zur Zerstörung des massiven Geländers müssen Vorschlaghammer zum Einsatz gekommen sein - und rohe Gewalt.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
11 | 26 Auch die Scheiben der Glaskuppel im Lichthof sind allesamt eingeworfen worden. Doch aus Aschenbecks Sicht sind sie gut zu rekonstruieren.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
12 | 26 Um hier essen zu können, haben die Menschen zu DDR-Zeiten Schlange gestanden. Das Schnitzel kostete seinerzeit 3,75 Mark.
© Archiv Wolfgang Bade, Kühlungsborn
13 | 26 30 Jahre später wirkt der Raum wie entkernt. Aber: "Wenn wir uns den Fußboden angucken, da wundert man sich, was der weggesteckt hat", freut sich der Neueigentümer Jan Aschenbeck. "Der ist unkaputtbar gewesen."
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
14 | 26 Eines der wenigen Fenster der Villa, die noch heile und nicht vernagelt sind, bietet einen Blick hinaus zur Ostsee.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
15 | 26 In den über 100 Jahren ihres Bestehens ist die Villa wiederholt umgebaut worden. Von der Originalausstattung ist nicht mehr allzu viel erhalten. "Es finden Abstimmungen mit dem Denkmalschutz statt, was der ursprüngliche Zustand ist", sagt Aschenbeck.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
16 | 26 Diese Fliesen im Bad des ersten Stocks dürften erst später zu DDR-Zeiten hinzugekommen sein. Der Spruch auf der Toilette hingegen nimmt Bezug auf die NS-Zeit, als die "Joseph-Goebbels-Stiftung für Bühnenschaffende" hier regimetreue Schauspieler logieren ließ. Der Reichspropagandaminister ist wohl auch mal selbst dort gewesen.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
17 | 26 Hier hatte Margarete Hausmann ihre Teestube eingerichtet, später wird der prächtigste Raum des Hauses zum Ballsaal und Restaurant. Vom Stuck ist noch viel erhalten geblieben, die Raumaufteilung wurde über die Jahrzehnte nicht verändert.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
18 | 26 Allerdings blättert die Farbe auch hier überall ab. Doch das ist nicht das Hauptproblem.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
19 | 26 An einer Stelle frisst sich der Hausschwamm durch die Decke. Das ist für den Architekten, den die Aschenbecks für die Bestandsaufnahme beauftragt haben, eine ganz gefährliche Stelle.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
20 | 26 Die Ursache: Durch daumengroße Löcher im Dach sei über die Jahre immer mehr Feuchtigkeit eingedrungen, die sich ihren Weg durch bis zu drei Stockwerke gesucht habe. "Wenn wir uns das Dach angucken, sieht man, was wir noch für einen Kampf die nächsten Jahre vor uns haben", sagt Aschenbeck.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
21 | 26 Hier liegt das wohl größte Potenzial der künftigen Nutzung: eine große Terrasse direkt an der Promenade mit Panoramablick auf die Ostsee.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
22 | 26 Die Figuren am Giebel bedürfen auch dringend der Erhaltung und Pflege.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
23 | 26 Anhand solch erhaltener Elemente wollen die Eigentümer die alten Ausstattungsgegenstände nachbauen lassen. Viele Fenster stehen übrigens mittlerweile auf Kipp oder sind ganz geöffnet, damit Zugluft durch das Gebäude weht: So soll das Ausbreiten des Hausschwamms gestoppt werden, ehe die Sanierung beginnt.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
24 | 26 Hierfür scannt Ingenieur Andre Gieseler mit seiner Spezialkamera jeden Winkel im Gebäude. Per Laser werden dabei eine Million Punkte pro Sekunde abgescannt, mit einer Auflösung von sechs Millimetern auf zehn Meter. Zudem entsteht mithilfe einer 3D-Kamera ein dreidimensionales Raumbild, das jedes kleine Detail im Ist-Zustand erfasst - auch morsche Balken.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
25 | 26 Anhand des entstehenden Modells sollen Fachleute wie Architekten, Bauforscher, Restauratoren und Denkmalschützer genauer einschätzen und planen können, was für die Sanierung der Baltic nötig ist. Und dann sollen möglichst rasch die Bauarbeiten beginnen, wünscht sich Besitzer Aschenbeck.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
26 | 26 Er hofft, dass 2025 alles fertig ist. "In historischen Gebäuden hat man andere Abende und andere Tage als in Neubauten", erläutert der Investor seine Motivation. "Wenn wir hier dann in ein paar Jahren essen, trinken, feiern, schlafen, was auch immer, dann ist das aus unserer festen Überzeugung ein bezaubernder Ort. Das kann nicht jeder Ort, aber das ist unser Anspruch, dass wir das hier wieder rauskitzeln."
© NDR, Foto: Daniel Sprenger