Streit: Was dürfen ARD und ZDF im Netz?
ARD, ZDF und Deutschlandradio dürfen damit rechnen, in Zukunft viele Beiträge deutlich länger als bisher auf ihren Internetseiten und in ihren Apps veröffentlichen zu dürfen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von ZAPP unter den Landesregierungen. "An dem Punkt haben wir eine große Einigkeit", sagte die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab, die die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, im Interview. Für die sächsische Staatskanzlei sei "von entscheidender Bedeutung" bei den laufenden Verhandlungen "das Verhalten und die Interessen der Nutzer". Die nordrhein-westfälische Landesregierung meldet, sie strebe zumindest "eine Abschaffung der sogenannten 7-Tage-Regelung an". Hessen ist gar "grundsätzlich gegen eine Depublizierungspflicht".
Neuer Rundfunkstaatsvertrag im Herbst
Die Rundfunkkommission will bis Herbst den nächsten Rundfunkstaatsvertrag vorlegen. Schwerpunkt ist die Überarbeitung des sogenannten Telemedienauftrags für die öffentlich-rechtlichen Sender. Bei der Lockerung der Depublikationspflichten wollen die Länder aber die Sender auch in die Pflicht nehmen: Viele Länder erklären, dass die Urheber von externen Produktionen bei längeren Online-Veröffentlichungen auch entsprechend vergütet werden müssten. Deshalb sollen die Verweildauer-Konzepte vor allem für selbst produzierte Beiträge und Sendungen gelockert werden.
Längere Verweildauer für Sportvideos gefordert
Der Justiziar des NDR, Dr. Michael Kühn, forderte im Gespräch mit ZAPP, dass die Spielregeln auch für eingekaufte Serien und Filme freier werden sollten. "Wir werben dafür, dass europäische Lizenzproduktionen für 30 Tage online gestellt werden dürfen ", sagte er. Außerdem sollten die öffentlich-rechtlichen Sender Mitschnitte aus Sport-Großveranstaltungen wie Olympischen Spielen oder der Fußball-Bundesliga online länger veröffentlichen dürfen: "Dass wir die Inhalte nach 24 Stunden herunternehmen müssen, während sie auf Plattformen wie YouTube unbegrenzt verfügbar sind, ist nicht mehr zeitgemäß."
"Presseähnlichkeit" bleibt ein Streitpunkt
Beim Streit darüber, wie umfangreich die Textangebote der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz sein dürfen, werden die Länder hingegen voraussichtlich die geltenden Spielregeln nicht massiv ändern. "Im Bezug auf die 'Presseähnlichkeit' und die 'Sendungsbezogenheit’ wird sich wahrscheinlich nicht so viel tun – das ist mein Tipp heute", sagte der thüringische Medienstaatssekretär Malte Krückels gegenüber ZAPP.
Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags müssen die Länder einstimmig entscheiden. Während für die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern "das Kriterium der 'Presseähnlichkeit' von Online-Angeboten nach wie vor eine wichtige und richtige Trennlinie" zu den Angeboten der Verlage bildet, meldet Brandenburg: "Der Begriff der Presseähnlichkeit taugt in einer konvergenten Medienwelt nicht mehr." Die Landesregierung von Schleswig-Holstein sieht das genauso und fordert, die Medienpolitik müsse "weg von einer Regulierung unterschiedlicher Verbreitungswege und hin zu einer Regulierung von Inhalten".
"In der digitalen Welt verschwimmen die Grenzen"
Viele Länder wünschen sich zumindest eine klarere Definition des Begriffes "presseähnliche Angebote", die den öffentlich-rechtlichen Sendern laut aktuellem Rundfunkstaatsvertrag dann verboten sind, wenn Einträge keinen Sendungsbezug haben. Koordinatorin Raab zweifelte wiederum daran, dass die aktuellen Trennlinien zwischen Sendern und Verlagen noch lange Bestand haben können. "Wir sehen ja auch im Printbereich, dass Zeitungsverlage audio-visuelle Angebote nutzen", sagte die Staatssekretärin. "In der digitalen Welt verschwimmen die Grenzen."