Verlage mahnen RBB ab
Wie ZAPP kürzlich bereits berichtet hatte, dürfte auf die Justiziare der ARD in den nächsten Monaten viel Arbeit zukommen: Trotz monatelanger Verhandlungen konnten sich die Intendanten nicht mit den Verlagen einigen. Die Forderungen der Verleger hätten eine deutliche Einschränkung der öffentlich-rechtlichen Onlineauftritte bedeutet.
Online-Angebot sei "presseähnlich"
Nachdem die Verleger bereits gegen Radio Bremen juristisch vorgegangen waren, trifft dieses Vorgehen nun den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), wie ZAPP auf Anfrage erfuhr. "Die Abmahnung ist gestern an den rbb rausgeschickt worden (per Fax und Post)", teilte der Verband der Zeitungsverlage in Berlin und Ostdeutschland am Mittwoch mit. Es beteiligen sich die Zeitungsverlage, die hinter den Titeln Märkische Allgemeine Zeitung, Märkische Oderzeitung, Lausitzer Rundschau, Volksstimme und B.Z. stehen", so der Verband. Konkret richte sich die Abmahnung gegen das Telemedienangebot von rbb24/rbb-online.de, das in der Zeit vom 16. Januar bis zum 20. Januar sowie am 23. Januar gesichert wurde, exemplarisch gegen das Angebot vom 23. Januar nachmittags.
Aus Sicht des Verbandes sind die nicht-sendungsbezogenen Inhalte des Angebots rbb24/rbb-online.de presseähnlich und verstoßen damit gegen den Rundfunkstaatsvertrag. Telemedienangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürften nicht durch "stehende" Texte und Bilder geprägt sein, sondern müssten ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung haben. Das Angebot "in seiner derzeitigen Ausgestaltung" sei dagegen "von großen Mengen Text geprägt. Es ist presseähnlich und damit wettbewerbswidrig", glaubt der Verband. Der RBB teilte auf ZAPP Anfrage mit, man könne bestätigen, dass "eine Unterlassungsaufforderung in Bezug auf rbb24 vorliegt". Man werde dies "mit großer Gewissenhaftigkeit prüfen" und "weitere Schritte beraten".
Kein Kompromiss gefunden
Beide Seiten bedauerten offiziell, in den Verhandlungen zu keinem Ergebnis gekommen zu sein: "Die Beurteilung, dass der letzte Gesprächsstand nicht akzeptabel war, war einhellig die Meinung aller Intendantinnen und Intendanten", sagte ARD-Sprecher Steffen Grimberg gegenüber ZAPP. Der Präsident des Zeitungsverlegerverbandes BDZV, Mathias Döpfner, beklagte, "dass dieser Kompromiss jetzt nicht gefunden werden konnte" und kündigte kürzlich auf der Bilanz-Pressekonferenz der Axel Springer AG an, dass die Verlage nun "juristisch tun müssen, was wir tun können".
Einige Intendanten hatten zuvor mit Vertretern des BDZV über eine mögliche Selbstverpflichtung verhandelt. Angepeilt wurde zuletzt, dass die ARD auf den Überblicksseiten ihrer Onlineauftritte - Homepages und Ressortseiten - nur noch maximal ein Drittel Text veröffentlicht. Für die Verleger wäre dies laut Döpfner ein "tragfähiger Kompromiss" gewesen: "Das hätte uns eine Chance geboten, mit unseren Angeboten auch über digitale Abos wettbewerbsfähig zu bleiben."
"Ehrliches Bemühen aller Seiten"
ARD-Sprecher Grimberg berichtet nun von einem "ehrlichen Bemühen aller beteiligten Seiten, zu einer guten Lösung zu kommen", sagt aber auch: "Es gab in einer letzten Runde noch mal Veränderungen, die dann so offenbar von den Verlegern als akzeptabel befunden wurden. Allerdings eben nicht mehr von der ARD." Details wollte er dazu aber nicht preisgeben. So bleibt der ausschlaggebende Punkt für das Scheitern der Einigung zwischen Verlegern und ARD vorerst unklar.
Verleger drohen mit juristischen Schritten
Bereits im September vergangenen Jahres hatte BDZV-Präsident Döpfner auf dem "Zeitungskongress" für den Fall, dass mit den Intendanten keine Einigung erzielt würde, "massive juristische Schritte" angekündigt. Am Rande der Bilanzpressekonferenz des Medienkonzerns Axel Springer, dem Döpfner vorsitzt, legte er Anfang März nach: "Wenn Öffentlich-Rechtliche mit acht Milliarden Gebühreneinnahmen unbegrenzt auch zeitungsähnliche und die Funktion einer Zeitung ersetzende Angebote machen können, dann ist das natürlich aus unserer Sicht eine Wettbewerbsverzerrung." Gegenüber ZAPP wollte sich Döpfner darüber hinaus nicht äußern.
Klage gegen Radio Bremen angedroht
ARD-Sprecher Grimberg versucht unterdessen, den Ball flach zu halten. "Die Gerichte werden das klären", sagt er. Die ARD sei zudem "in jedem Fall weiter gesprächsbereit". Außerdem würden Verlage und Sender in "über 100 Kooperationen auf lokaler und regionaler Ebene" zusammenarbeiten: "Da ist jetzt also nicht irgendwie ein Tischtuch zwischen zwei Leitmedien für immer zerschnitten."
Gleichzeitig drohen norddeutsche Verlage Radio Bremen mit einer Klage: Der Sender betreibe "eine fast ausnahmslos aus zeitungsähnlich aufgemachten Texten und stehenden Bildern bestehende pressetypische Berichterstattung" und stelle dabei "nicht-sendungsbezogene Textangebote im Vordergrund". Radio Bremen äußert sich dazu vorerst nicht.
OLG Köln bestätigte die Sicht der Verleger
Der Rundfunkstaatsvertrag verbietet ARD, ZDF und Deutschlandradio, im Internet "nicht-sendungsbezogene presseähnliche Angebote" aufzulegen. Praktisch heißt das: Wenn öffentlich-rechtliche Journalisten ausführliche Texte veröffentlichen wollen, dürfen sie das nur, wenn die Themen auch im klassischen Programm auftauchen. Die Sorge der Sender ist: Wenn sie sich unbedingt auch dazu durchringen müssen, ein Thema in klassischen Radio- oder Fernsehsendungen zu fahren, können sie nicht frei über aktuelle Themen berichten - vor allem: nicht so schnell, wie das Mediennutzer von Onlineauftritten erwarten. Das wiederum könnte dazu führen, dass öffentlich-rechtliche Angebote aus dem Medienmix vieler Nutzer fliegen.
Zuletzt hatten mehrere Verlage gegen die App der "Tagesschau" geklagt. Das Kölner Oberlandesgericht bestätigte die Verleger-Sicht, wonach eine frühe Ausgabe der App aus dem Jahr 2011 "presseähnlich" gewesen sei. ARD-Sprecher Grimberg weist allerdings darauf hin, dass dazu noch eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof laufe.