Österreich: FPÖ bläst zum Halali auf den ORF
Politischer Aschermittwoch der FPÖ in Österreich. Die rechtspopulistische Partei arbeitet sich am politischen Gegner ab. Vereinzelter Applaus und ein paar Lacher aus dem Publikum. Richtig Stimmung kommt erst auf, als Vizekanzler Heinz-Christian Strache den ORF ins Visier nimmt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich. "Dem ORF glaubt man nicht einmal mehr die Uhrzeit", ruft Strache. Seinen Anhängern gefällt's. Minutenlang attackiert der Parteivorsitzende den ORF, wirft ihm Manipulation und mangelnde Objektivität vor.
Im Visier der Angreifer: Armin Wolf
Auf einen scheint es die FPÖ besonders abgesehen zu haben: ORF-Moderator Armin Wolf. Der als hartnäckiger Interviewer bekannte Journalist war jüngst mit Pinocchio-Nase versehen in einem als Satire bezeichneten und von FPÖ-Chef Strache weiterverbreiteten Facebook-Post zu sehen: "Es gibt einen Ort an dem Lügen zu Nachrichten werden", heißt es dort. Inzwischen hat er das Posting nach viel öffentlicher Kritik gelöscht. Solche persönlichen Angriffe auf Journalisten hätten aber in letzter Zeit zugenommen, sagt Alexander Warzilek vom österreichischen Presserat. Sie seien ein "problematischer Eingriff in das Grundrecht der Pressefreiheit".
Initiative warnt vor "Gleichschaltung und Zerschlagung"
Der ORF ist ein wichtiger Player, er dominiert den österreichischen Medienmarkt. Die neue schwarz-blaue Regierung will sich ihm jetzt besonders widmen. Im Regierungsprogramm erklärt sie, "eine Neudefinition des Begriffes 'öffentlich-rechtlich'" vornehmen zu wollen. Außerdem sprechen die Parteien von einer "Verschärfung der Transparenzbestimmungen zur Sicherung einer objektiven und unabhängigen Berichterstattung". Eine Initiative von Autorinnen und Autoren warnt deshalb explizit vor einer politischen Einflussnahme auf den ORF. In einem Aufruf heißt es, der ORF sei "wie nie zuvor" von "Gleichschaltung und Zerschlagung" bedroht. "Die Regierung scheint fest entschlossen, ihn zukünftig lückenlos zu kontrollieren."
FPÖ-Politiker ziehen ins Aufsichtsgremium ein
Zumindest in den Aufsichtsgremien ist der Regierungswechsel bereits zu spüren. Erst vor wenigen Tagen sicherten sich die beiden Regierungsparteien die Mehrheit im ORF-Stiftungsrat, der über alle wichtigen Posten, Budgets und größere unternehmerische Fragen im ORF mitentscheidet. Neue Regierung = neue Zusammensetzung. Alle vier Jahre spiegelt sich ein Regierungswechsel auch immer im Aufsichtsgremium.
Rundfunkgebühr - keine einheitliche Linie bei den Regierungsparteien
Uneins scheinen die Koalitionsparteien in Fragen der Rundfunkgebühr. Während sich im Regierungsprogramm die Einschätzung findet, dass "ganz ohne öffentliche Teilfinanzierung" es nicht möglich sein wird, "österreichische Identität in den Medien auf Dauer zu sichern", bekräftigt der medienpolitische Sprecher der Freiheitlichen, Hans-Jörg Jenewein, im Interview mit ZAPP die alte FPÖ-Forderung: "Wir wollen die Zwangsgebühr abschaffen! Eine Gebühr, für eine Leistung, die man nicht in Anspruch nimmt, die kann ich nur als Zwang bezeichnen."
Fehler in ORF-Berichterstattung heizte Debatte an
Angeheizt wurde die massive Kritik am ORF durch Fehler in der Berichterstattung. Der Regionalsender ORF Tirol hatte FPÖ-Politiker Abwerzger im Gespräch mit einem Mann gezeigt, der sich antisemitisch äußerte. Der Beitrag endete mit einem Nicken Abwerzgers, was als Zustimmung gedeutet werden kann. Was nicht gezeigt wurde: Wenig später hatte sich der Politiker gegen die Äußerungen des Mannes ausgesprochen. Inzwischen hat sich der ORF für diesen Bericht entschuldigt - trotzdem kommt der Vorwurf immer wieder:
FPÖ wirft ORF Einseitigkeit und Manipulation vor
Für die FPÖ ist der Fehler allerdings ein wichtiger Beweis für die Einseitigkeit und Unglaubwürdigkeit des ORF. "Meinungsmacherei mit 'Fake-News' - ORF versuchte, mit manipuliertem Bericht die Tiroler Landtagswahl zu beeinflussen", titelt die FPÖ-Zeitung "Neue Freie Zeitung". Und Strache forderte schnell im Netz Konsequenzen:
Medien-Enquete soll ORF-Gesetz ausarbeiten
Im Frühjahr soll sich eine Medien-Enquete mit der Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen in Österreich auseinandersetzen. Dort soll ein neues ORF-Gesetz ausgearbeitet werden. Der ORF könnte dann, so die Angst der Autoren in ihrem Aufruf, "mit einem auf die Bedürfnisse der Regierung zugeschnittenen ORF-Gesetz, einer neuen Organisationsstruktur und einem neuen ORF-Generaldirektor endgültig das von der Regierung gewünschte Aussehen haben."