Stand: 08.03.2017 18:09 Uhr

Mediale Propaganda: Erdogans Kampf ums Referendum

Der Fall Böhmermann, die Einschränkung der Pressefreiheit, die Verfolgung von Oppositionellen seit dem Putschversuch, der Fall Yücel - das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist belastet, auch wenn beide einander brauchen. Mit dem geplanten Verfassungsreferendum will sich Staatspräsident Erdogan noch mehr Macht sichern. Kritiker wie Bundespräsident Gauck sehen die Türkei bereits auf dem Weg in eine Autokratie. Seit einigen Tagen ist ein neuer Tiefpunkt in der Beziehung beider Länder erreicht: Nach Staatspräsident Erdogan warf jetzt auch Außenminister Mevlüt Cavusoglu Deutschland Praktiken aus der Nazi-Zeit vor.

Veranstaltungsabsagen erzürnen türkische Politiker

Was war passiert? Vertreter der türkischen Regierung wollten in Deutschland Werbung für das Verfassungsreferendum machen. Auch wenn das viele Deutsche stört, so sind solche Auftritte grundsätzlich erlaubt, schließlich leben wir in einer Demokratie. Allerdings wurden bei der Anmeldung zu den Veranstaltungen Fehler gemacht - entweder war der Saal zu klein für die zu erwartende Menge an Zuschauern oder es fehlte der Brandschutz -, so dass am Ende einige Veranstaltungen abgesagt bzw. verlegt wurden. Präsident Erdogan vermutet jedoch politische Gründe hinter den Absagen und warf Deutschland in einer Rede vor, "eure Praktiken unterscheiden sich nicht von den früheren Nazi-Praktiken". Nun legte Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach und wiederholte den Nazi-Vergleich, sprach in der Online-Ausgabe der "Hürriyet" von einem "repressiven System" - in beiden Fällen widersprach die deutsche Politikprominez scharf.

Türkische Medien machen gezielt Stimmung

Den Nazi-Vergleich haben aber nicht die beiden Politiker ins Spiel gebracht, auch wenn sie ihn auf die politische Ebene gehoben haben. Bereits seit Monaten machen wichtige staatsnahe Medien in der Türkei mit Karikaturen von Angela Merkel in Nazi-Uniform gezielt Stimmung gegen Deutschland. "In den türkischen, regierungsnahen Medien wird Deutschland eher als Feind dargestellt", berichtet WDR-Journalistin Elmas Topcu. Bei vielen AKP-Anhängern greift dieses Bild: "Interviews mit AKP-Anhängern war nie einfach, aber in den letzten Tagen ist es noch schwieriger geworden, jetzt nach diesen Auftrittsverboten der türkischen Minister. Sie beschimpfen uns, die deutsche Presse als Lügenpresse. Sie werfen uns vor, ein schlechtes Bild von der Türkei darzustellen." Das deutsch-türkische Verhältnis - es wird wohl auf absehbare Zeit angespannt bleiben.

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Eine Anzeige für die Freilassung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel. © dpa-Bildfunk Foto: Andreas Arnold

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ZAPP | 08.03.2017 | 23:15 Uhr

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