Umfrage: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ja - aber reformiert
Eine #NDRfragt-Umfrage ergibt: 85 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland braucht. Nur elf Prozent sind dagegen.
Eine Mehrheit befürwortet allerdings Reformen wie eine gemeinsame Mediathek von ARD und ZDF und fordert weniger Einflussnahme durch die Politik. Ginge es nach den Befragten, müsste der Rundfunkbeitrag gesenkt werden. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der nicht repräsentativen Online-Befragung unter 12.718 Norddeutschen, die sich auf der NDR-eigenen Umfrage-Plattform #NDRfragt registriert haben. Die Medienredaktion ZAPP hat die Befragung in Auftrag gegeben. Alle Ergebnisse der nicht repräsentativen Umfrage sind in diesem PDF gesammelt.
Mehrheit für Erhalt von ARD und ZDF - und für gemeinsame Mediathek
Die Mehrheit der Befragten befürwortet nicht nur prinzipiell die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern auch den Erhalt der beiden bundesweiten Hauptprogramme Das Erste und ZDF. 73 Prozent sprechen sich dafür aus. In der aktuellen Diskussion um die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hatte der damalige ARD-Vorsitzende Tom Buhrow den Fortbestand zweier eigenständiger Hauptprogramme Ende vergangenen Jahres zur Debatte gestellt. Nur 19 Prozent sind der Ansicht, die ARD solle sich künftig nur noch auf ihre regionalen dritten Programme beschränken.
Eine knappe Mehrheit ist allerdings der Meinung, das Angebot im Internet solle vereinfacht werden: 51 Prozent fänden es richtig, die Inhalte von ARD, ZDF und Deutschlandradio auf einer gemeinsamen Plattform anzubieten. Für 26 Prozent spielt das keine Rolle und nur 19 Prozent wollen wie bisher ein Angebot auf getrennten Plattformen erhalten.
Populär: Nachrichten und Informationen
Die Mehrheit ist sich einig: Zum Auftrag des ÖRR gehören Nachrichten und Informationsangebote (94%), Musik in Radio und TV (70%), Kulturberichterstattung (70%) sowie Spielfilme und Serien (69%). Nicht ganz so viele (60%) teilen die Auffassung, dass auch Sportberichterstattung und Übertragungen dazu zählen.
Das Thema Sport scheint viele der Befragten zu bewegen. Auf die offen gestellte Frage: “Wenn Sie Chefin oder Chef der ARD wären: Was würden Sie verändern?” antwortet etwa der #NDRfragt-Teilnehmer Harald (80) aus Hamburg: “Ich würde das Geld für Fußballübertragungsrechte deutlich reduzieren.” Annette (71) meint: “Neben dem Fußball auch andere Sportarten regelmäßig präsentieren. Wintersport ist gut vertreten, aber was ist mit Basketball, Damen Handball, Wassersport?” Solche Antworten sind typisch: Zahlreiche Teilnehmende wünschen sich ein vielfältigeres Angebot als bisher, nicht nur beim Sport, auch in Bereichen wie Kultur und Spielfilm. Auffallend viele bemängeln etwa die große Anzahl ähnlicher Krimis im Programm.
Weniger populär: Quizshows und Orchester
Weniger als die Hälfte der Befragten sieht den Auftrag des ÖRR in Quiz- und Spielshows (39%) sowie im Betrieb von Orchestern, Bands und Chören (30%). Dass Quizshows und ähnliche Unterhaltungsformate eher unpopulär sind, zeigt sich auch an zahlreichen Antworten auf die offenen Fragen: “Mein Leben besteht nicht aus Quizshows, Krimis und Schlagersendungen” schreibt etwa Eric (56) aus Mecklenburg-Vorpommern auf die Frage, inwiefern die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seine Lebenswelt abbilden.
Zahlreiche Befragte sind der Meinung, es gebe insgesamt zu viele Klangkörper der einzelnen Landesrundfunkanstalten: “Die Struktur verschlanken, es genügt ein Orchester und ein Chor", meint beispielsweise Karsten (57) aus Schleswig-Holstein.
Politische Ausgewogenheit
Die Hälfte der Befragten (50%) nimmt die politische Ausrichtung der ARD-Programme als ausgewogen wahr. Dagegen finden 22 Prozent, die ARD sei tendenziell links ausgerichtet und 19 Prozent halten sie für eher konservativ. 9 Prozent machten keine Angabe.
Die Antworten auf die dazugehörige offene Frage sind so verschieden wie die politischen Einstellungen der Menschen in Deutschland: “Ich fühle mich immer ausreichend über alle politischen Meinungsbilder und Parteien informiert”, findet etwa Henrike (47) aus Niedersachsen. Ein Mann aus Niedersachsen fordert die ARD hingegen auf: “Mal nicht nur mit dem linken Auge schauen, sondern mit beiden und auch mal kritisieren”. Und Lukas (44) aus Hamburg meint: "Die "normalen" Nachrichtensendungen wie die Tagesschau in der ARD sowie die regionalen Sendungen der dritten Programme sind leider oft sehr konservativ.”
Dabei fällt auf: Einige Befragte, welche die ARD als eher links einschätzen, kritisieren auch die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache im Programm: “Mir ist das "Gendern" als extrem anstrengend aufgefallen. Als hätten die Reporter einen Schluckauf”, kritisiert Margitta (40) aus Schleswig-Holstein.
Klare Mehrheit für weniger Einfluss der Politik
Ein klares Meinungsbild gibt es bei der Frage nach dem Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Dabei sieht eine klare Mehrheit der Befragten den Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch: Gut drei Viertel (76 Prozent) sind der Meinung, die Politik solle weniger Einfluss ausüben als bisher, 18 Prozent sind mit der bisherigen Einflussnahme zufrieden. Nur zwei Prozent wünschen sich eine stärkere Gestaltung durch die Politik.Hintergrund ist, dass die Regierungen der Länder gemeinsam über den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestimmen. Auch in den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten sitzen Vertreterinnen und Vertreter der politischen Parteien.
Zur Besetzung der Gremien äußern sich zahlreiche Teilnehmende auch im Kommentarfeld: “Wenn religiöse Vertreter:innen im Rundfunkrat sitzen, sollten auch Vertreter:innen der Atheist:innen im Rundfunkrat sitzen”, schreibt etwa Jan (23) aus Niedersachsen. Die Besetzung der Gremien ist spätestens seit dem Skandal um die ehemalige rbb-Intendantin Patricia Schlesinger und den rbb-Verwaltungsrat ein zentrales Thema in der Debatte um eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Reduzierung des Rundfunkbeitrags
Die #NDRfragt-Community wurde auch gefragt, wie viel sie bereit wäre, monatlich für den Rundfunk zu bezahlen: Eine Mehrheit will weiterhin bezahlen. Die Vorschläge gehen jedoch stark auseinander: Rund ein Drittel (34%) ist bereit, den momentanen Rundfunkbeitrag von 18,36 EUR oder mehr zu bezahlen. 17 Prozent wollen gar nichts zahlen. Der Median des gewünschten Beitrags liegt bei 10 EUR – die Hälfte würde weniger bezahlen, die Hälfte mehr.
Wie soll die ARD der Zukunft aussehen? Darüber diskutieren ZAPP-Moderatorin Kathrin Drehkopf und der Journalist Tilo Jung mit ihren Gästen, darunter der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke, in einem ZAPP-Talk am Mittwoch, den 1. März 2023 um 22.45 Uhr im NDR Fernsehen.
Stimmen aus der #NDRfragt-Community
Viele Mitglieder der #NDRfragt-Community haben in der Umfrage ihre Gedanken und Meinungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgeschrieben. Hier eine kleine Auswahl der Stimmen, die uns erreicht haben:
Wachsende #NDRfragt-Gemeinschaft mit 23.000 Norddeutschen
Die NDR Umfrage-Gemeinschaft #NDRfragt gibt es seit Ende Oktober 2022. Mittlerweile haben sich rund 23.000 Norddeutsche angemeldet. #NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und an den Umfragen teilnehmen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.