Merkel-Nachfolge: Die Medienstrategien der Kandidaten
Der Journalistenansturm auf das Konrad-Adenauer-Haus ist am Montagmittag groß, als Kanzlerin Angela Merkel zum Ende der CDU-Klausurtagung vor die Presse tritt. Denn nach 18 Jahren unter ihrer Führung tut sich etwas an der Parteispitze: Sie wolle beim Parteitag im Dezember nicht noch einmal kandidieren, hatte sie eine Woche zuvor überraschend verkündet. Und das Kandidatenrennen um ihre Nachfolge läuft seitdem auf Hochtouren.
Merz' überrascht mit Comeback
"Man ist immer froh, wenn man als Journalist über was wirklich Neues berichten kann und nicht über diese quälenden Prozesse, die es in den letzten Monaten gegeben hat", sagt "Spiegel"-Hauptstadtkorrespondent Ralf Neukirch. Unmittelbar nach Merkels Ankündigung meldete via "Bild" ein Überraschungskandidat sein Interesse an einem Comeback in die Politik an: Friedrich Merz, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der CDU.
Am selben Tag zogen zwei prominente Kandidaten nach, die bereits länger als Nachfolger gehandelt worden waren: Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn. Doch die mediale Berichterstattung der vergangenen Woche konzentrierte sich vor allem auf "Friedrich den Großen", wie etwa "Welt kompakt" am Donnerstag titelte.
Die Kandidatur ein durchchoreografierter PR-Coup
Doch es ist nicht allein die gefühlte "Neuigkeit" der Personalie Merz, der sich nach 14 Jahren bundespolitischer Abstinenz nun zurückmeldet. Merz gestaltete sein Comeback mit Hilfe einer Frankfurter Agentur als geschickten PR-Coup. ARD-Hauptstadt-Korrespondentin Iris Marx beschreibt Merz‘ Comeback als regelrecht "durchchoreografiert", indem er zunächst Gerüchte streuen ließ, später eine Pressemitteilung herausgab und sich schließlich auch vor Fernsehkameras zeigte: "Das waren über einen längeren Zeitraum wohldosierte kleine Häppchen, um genau so viel rauszulassen, dass es wirklich an jedem Tag eine Berichterstattung gab."
Spahns Kandidatur verpuffte im Vergleich zu Merz
Jens Spahn bewarb sich mit einem Video in den sozialen Netzwerken, einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sowie einem Interview in der "Welt am Sonntag“. Mit Merz' Medienpräsenz konnte er aber nicht mithalten. Ralf Neukirch mutmaßt, seine starke Präsenz in den vergangenen Wochen und Monaten habe Spahn in dieser Hinsicht geschadet: "Irgendwie wirkt seine Kandidatur jetzt schon so, als sei da nichts mehr Neues. Natürlich kommt Friedrich Merz auch zugute, dass da dieser Überraschungsmoment ist und er von außen kommt."
Annegret Kramp-Karrenbauer anfangs im medialen Abseites
Noch weniger Beachtung bekam allerdings Annegret Kramp-Karrenbauer. Auf dem Titel der "Bild" von Donnerstag las man etwa vom "Duell der Merkel-Gegner", illustriert mit einer Collage der Fotos von Merz und Spahn. Dass Kramp-Karrenbauer ebenfalls kandidiert, erfuhr man hier allenfalls im Inneren des Blatts, am Rand einer Seite, die ansonsten beinahe vollständig Merz und Spahn gewidmet war.
Erst am heutigen Mittwoch, mehr als eine Woche nach ihren Konkurrenten Merz und Spahn, äußerte sich Annegret Kramp-Karrenbauer ausführlich zu ihrer Kandidatur. Sie führe keinen Wahlkampf "gegen andere", sondern mache der CDU "ein Angebot", beschwor Kramp-Karrenbauer, vor allem eins der Kontinuität. "Annegret Kramp-Karrenbauer ist die, die am zurückhaltendsten ist, die am sorgfältigsten abwägt - so, wie es auch ihre Art ist," beschreibt Neukirch. "Das muss für sie aber kein Nachteil sein, eine sehr überlegte, abwägende Strategie zu fahren."