Stand: 18.09.2019 12:00 Uhr

Fridays for Future: Medien wollen immer nur eine

von Inga Mathwig

"Hey, kann ich auch mitmachen? Wo sind denn die Pinsel?", fragt eine junge Frau und setzt sich auf den Boden vor dem Hamburger Rathaus, vor ein gut vier Meter langes Banner. Dutzende junge Frauen und Männer malen daran, mit Pinseln oder Fingern: "Alles fürs Klima" in verschiedenen Sprachen. Es sind Aktivisten von "Fridays for Future", der Jugendbewegung, die durch Greta Thunberg initiiert und von Schülern und Studenten weltweit aufgegriffen wurde. Statt an diesem Freitag wie üblich zu demonstrieren, bereiten sie in Hamburg das Banner für die große globale Klima-Protestaktion am 20. September vor.

Die Presse haben sie explizit eingeladen. Um ihre Botschaft zu verbreiten, sind "Fridays for Future" auf die Medien angewiesen, betont Nele Brebeck von der bundesweiten Presse-AG: "Gerade auch, wenn wir ältere Generationen erreichen wollen." Über die Bewegung wird nicht nur an diesem Tag viel berichtet. Doch wie berichtet wird, das sorgt zuweilen für Ärger.

Bewegung wird auf Einzelpersonen reduziert

Luisa Neubauer © NDR/Wolfgang Borrs Foto: Wolfgang Borrs
Überall präsent: Luisa Neubauer

"Wir sind eine sehr vielfältige Bewegung", erklärt Nele Brebeck, doch diese Vielfalt finde in den Medien nicht statt. Bislang steht in Deutschland vor allem ein Name für "Fridays for Future": Luisa Neubauer. Von der Welt "die deutsche Greta" genannt, tingelte die 23-jährige Studentin dieses Jahr durch alle großen Talkshows: von "Anne Will" über "hart aber fair" bis "Markus Lanz", sprach in sämtlichen Nachrichtensendungen, in fast allen großen Zeitungen.

Die Aktivisten sagen: der Personenkult um Greta und Luisa sei von den Medien initiiert. Seit einer Großdemo im Januar in Berlin hätten sich die Medien Luisa Neubauer "rausgepickt", so Brebeck. In der Bewegung finden das offenbar nicht alle gut. "Es knirscht hinter den Kulissen", schrieb der "Tagesspiegel" im April. Mitglieder von "Fridays for Future" kritisierten, einige würden "krass hervorgehoben", andere blieben "außen vor".

Schuleschwänzen als Verniedlichung

Nele Brebeck von "Fridays for Future" Hamburg © NDR
Auf Medien angewiesen: Nele Brebeck auf dem Hamburger Rathausmarkt.

Auch mit der Art der Berichterstattung sind viele unzufrieden. Anstatt sich mit den klimapolitischen Forderungen der Aktivisten auseinanderzusetzen, konzentrierten sich vor allem anfangs viele Medien auf das Schuleschwänzen. "Sie verniedlichen das", so Brebeck. Das "Hamburger Abendblatt" etwa fragte Prominente, was sie vom Schuleschwänzen hielten. Dabei sei das "ziviler Ungehorsam", der nach Brebeck auch in seiner Radikalität "ernst genommen" werden sollte: "Wir opfern Bildung, um hier zu stehen".

Dass "Fridays for Future" ernst genommen werden sollte, fordert auch "Focus"-Kolumnist Jan Fleischhauer. Bei einer Podiumsdiskussion an der Hamburg Media School moniert er die fehlende kritische Auseinandersetzung der Medien mit den Aktivisten: "Interviews werden in einer Andachts-Haltung geführt". Gleichzeitig fehle die Analyse. Journalisten sollten sich die "politischen Forderungen angucken und beurteilen, inwieweit sie mit der deutschen Volkswirtschaft vereinbar seien."

Doch die Berichterstattung wandelt sich. So berichten dieser Tage viele Medien über das Klimakabinett, das am Freitag Maßnahmen gegen den Klimawandel vorstellen will - und nennen im gleichen Zuge die Forderungen der "Fridays for Future"-Bewegung. Und auch die Aktivisten haben ihre Strategie geändert, um eine Fokussierung auf Einzelpersonen zu umgehen: alle Presse-Anfragen, auch diejenigen an Luisa Neubauer, werden nun nach Orten verteilt, den Presse-Vertretern alternative Gesprächspartner vorgeschlagen. Das funktioniere bisher ganz gut, meint Brebeck. Vielleicht noch nicht auf Bundesebene. Aber zumindest im Lokalen.

 

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Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 18.09.2019 | 23:20 Uhr

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