Stand: 01.04.2020 17:57 Uhr

Freie Journalisten: Selbständig und solidarisch?

von Daniel Bouhs

Wo keine Veranstaltungen, da auch nichts zu berichten: Viele freie Journalistinnen und Journalisten trifft das dieser Tage hart. Sie haben nichts mehr zu tun. Anna Heidelberg-Stein hat hingegen Glück gehabt. Zwar seien auch ihre Beiträge für die Kulturtipps von "Zeit Hamburg" mit Anbruch der Corona-Krise "sofort gecancelt" worden, berichtet sie. "Aber im Gegenzug habe ich netterweise, glücklicherweise direkt einen Vorschlag bekommen für eine neue Serie, an der ich jetzt dran bin und die tagtäglich abarbeite." Die Journalistin hört sich nun in der Kulturszene um nach Tipps für die neue Rubrik "Was Sie zu Hause erleben können".

VIDEO: Freie Journalisten: Selbständig und solidarisch? (4 Min)

Heidelberg-Stein weiß aber auch, dass viele Kolleginnen und Kollegen nun in Not geraten. Die Lüneburgerin ist Mitglied des Vorstands von Freischreiber. Der Berufsverband vernetzt knapp 1.000 Freischaffende im Journalismus. "Ich denke, dass da leider wieder die Kolleginnen und Kollegen im Lokalen besonders betroffen sind, die sowieso immer am Ende der Nahrungskette stehen, wahnsinnig niedrige Honorarsätze bekommen und zu allem Überfluss auch noch ganz stark auf Terminjournalismus angewiesen sind, der jetzt komplett wegbricht", sagt sie. "Lokaljournalistinnen und -journalisten haben an dieser Krise wirklich zu knabbern."

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Tipps für Kolleginnen und Kollegen in der Krise

Freischreiber hat - genauso wie die Gewerkschaften DJV und DJU - schnell Tipps gesammelt zu den Nothilfen der Länder und des Bundes, aber auch zu Sozialfonds etwa der Verwertungsgesellschaft VG Wort. Auch ZAPP ist der Frage "Freie Journalisten: Wie durch die Corona-Zeit kommen?" nachgegangen. Wer regelmäßig für die Sender der ARD, das ZDF oder die Wellen des Deutschlandradios arbeitet, wird von einem Tarifvertrag für "arbeitnehmerähnliche Beschäftigte" geschützt. Allerdings mahnt etwa der Deutsche Journalistenverband, viele Sender müssten ihrer Verantwortung noch stärker nachkommen. Wer für private Medienhäuser arbeitet, genießt als "Freie" oder "Freier" allerdings selten irgendeinen Schutz.

Die Freie Journalistin Anna Heidelberg-Stein sitzt mit einer Tasse Kaffee an ihrem Schreibtisch und nimmt an einer Videokonferenz teil. © NDR
Zurzeit ein gewohntes Bild bei vielen: Telefon- und Videokonferenzen ersetzen echte Treffen.

In einer Konferenz mit dem Freischreiber-Vorstand, die ZAPP beobachten konnte, zeigte sich ein sehr unterschiedliches Bild. Einigen wurden neue Aufträge in Aussicht gestellt, etwa vom Verlagshaus Gruner+Jahr, das bereits eine hohe Nachfrage bei Magazinen in Zeiten der Quasi-Quarantäne für die ganze Republik gemeldet hat. Eine Journalistin, die viel über Reisen berichtet, die vorübergehend nicht mehr möglich sind, hat sofort ihre laufenden Ausgaben überprüft, ihre Altersvorsorge-Zahlungen an das Presseversorgungswerk zurückgefahren und auch beim Finanzamt eine "Nullmeldung" für Vorauszahlungen angemeldet. Die Krise trifft sie.

Medizinjournalisten werden jetzt gebraucht - vorerst

In Zeiten von Corona zunächst gut gebucht waren wiederum Journalistinnen und Journalisten, die solche Pandemien erklären können, wie Nicola Kuhrt von Medwatch. "Ich hatte die letzten zwei Wochen mega viel zu tun - als Medizinjournalistin nicht verwunderlich", sagte sie in der Vorstandssitzung. Nun seien die "großen Erklärstücke aber überall erschienen". Die Journalistin sei nun gespannt, wie sich das Geschäft weiterentwickle. "Zum einen werden die Sachen, die jetzt täglich passieren, sicherlich die Kollegen in den Redaktionen schreiben. Und die anderen Geschichten, die ich sonst so mache, die liest ja im Moment niemand."

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ZAPP | 01.04.2020 | 23:30 Uhr

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