Der Fall Julian Reichelt

Stand: 19.10.2021 19:15 Uhr

Juliane Löfflers Recherche trug maßgeblich dazu bei, dass "Bild"-Chef Julian Reichelt gehen musste. Mit ZAPP hat sie darüber gesprochen.

"Ich habe 30 Minuten geschlafen letzte Nacht und weiß nicht, was als nächstes passiert." Mit diesem Tweet beendete Juliane Löffler einen Tag, der vielleicht in die deutsche Mediengeschichte eingeht: Verleger Dirk Ippen musste erklären, warum er die Veröffentlichung einer investigativen Recherche gestoppt hatte. Und die Axel Springer SE entließ einen der mächtigsten Chefredakteure Deutschlands: "Bild"-Chef Julian Reichelt. Die Arbeit von Juliane Löffler und dem Team "Ippen Investigativ" spielte dabei eine tragende Rolle.

ZAPP trifft Juliane Löffler einen Tag später in Hamburg. Dort, wo im März 2021 alles anfing.

"Vögeln, fördern, feuern"

Im Frühjahr berichtete "Der Spiegel" über Verfehlungen des damaligen "Bild"-Chefs Julian Reichelt gegenüber seinen jungen Kolleginnen. Die Vorwürfe: "Machtmissbrauch im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz." Der Axel Springer Verlag beauftragte eine internationale Kanzlei, die die Anschuldigungen prüfen sollte. In der Zwischenzeit war Julian Reichelt freigestellt. Auf eigenen Wunsch, wie der Verlag mitteilte.

Auch ZAPP berichtete. Die Aufmerksamkeit für das Thema war groß. "Klar", sagte Medienjournalist Stefan Niggemeier damals. "Wenn das plötzlich aussieht, als ob (Julian Reichelt, d. Red.) fallen könnte, weil er sich vielleicht viele Dinge zuschulden hat kommen lassen." Doch an der Verdachtsberichterstattung gab es auch Kritik. "Da ist eigentlich alles drin, was eine große, süffige Geschichte ausmacht, aber auch zu viel Häme, zu viel Schadenfreude, zu viel Neugier und zu viel Klatsch", so Ulrike Simon, damals noch Medienjournalistin für "Horizont".

 

VIDEO: Julian Reichelt: Halali auf den "Bild"-Chef (8 Min)

Nach knapp zwei Wochen wurde das Compliance-Verfahren gegen Reichelt abgeschlossen, und er kehrte an seinen Arbeitsplatz zurück. Für seinen Verlags-Chef Matthias Döpfner war die Sache damit erledigt: "Nach allem, was im Zuge der Untersuchungen zum heutigen Tage bekannt geworden ist, halten wir eine Trennung aber für unangemessen." In dem Recherche-Team um Juliane Löffler wurde dem Verdacht des Machtmissbrauchs weiter nachgegangen.

"Natürlich gibt es Missstände, die nicht justiziabel sind, die aber an die Öffentlichkeit gehören und für die es auch Konsequenzen geben muss", begründet Juliane Löffler heute die Entscheidung. "Ich glaube, dass die Funktion der Presse da ganz zentral ist." Sie baute Kontakt zu den Frauen auf, die Reichelt beschuldigen, und merkte schnell: "Es gab eine besonders große Angst vor Julian Reichelt als Person. Aber Leute hatten auch Angst, sich zu äußern, weil die ‚Bild‘ als Medienmarke einfach unfassbar stark ist."

Verlags-Chef verhindert Veröffentlichung

Nachdem Löffler Vertrauen zu den Frauen gewann und über ein halbes Jahr recherchierte, sollte am Sonntag der Bericht mit neuen Details zu den Vorwürfen um angeblichen Machtmissbrauch veröffentlicht werden. Doch ihr Verlags-Chef Dirk Ippen verhinderte das. Seine Begründung: Es sollte nicht der Eindruck entstehen, Ippen würde einem Wettbewerber wirtschaftlichen schaden wollen. Juliane Löffler und ihr Team sehen darin eine unzulässige Einmischung ihres Verlegers: "Mir wurde ganz klar kommuniziert, dass die Recherche sehr gut ist und dass es keine juristische […], sondern eine inhaltliche Entscheidung war, die ich so in der Form auch nicht verstehen kann."

Warum ihre Recherche daraufhin im "Spiegel" landete, wie die betroffenen Frauen reagierten und was der Vorgang für das "Ippen-Investigativ"-Team bedeutet – mehr dazu morgen bei ZAPP um 23:15 Uhr im NDR Fernsehen.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 20.10.2021 | 23:15 Uhr

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