Zeitreise: Berufsabenteurer Arved Fuchs
von Janina Harder
Viele haben schon von seinen Expeditionen gehört. Der Berufsabenteurer Arved Fuchs ist der erste Mensch, der innerhalb eines Jahres zu Fuß zum Nordpol und zum Südpol lief. 1989 erreichte er mit der internationalen Expedition Icewalk den Nordpol. Im selben Jahr führte ihn eine weitere Expedition zusammen mit Reinhold Messner vom Patriot Hills Base Camp am Filchner-Ronne-Schelfeis zum Südpol, und als Kontinentaldurchquerung weiter zur McMurdo-Station in der Antarktis. Bislang war er auf 34 Expeditionen - und es kommen jedes Jahr weitere hinzu. Als Abenteurer und Polarforscher hat er in zahlreichen Büchern über seine Erfahrungen berichtet. Aber wie kommt es, dass es einen Jungen aus Bad Bramstedt hinausgezogen hat in die eisige, endlose Weite der Polarregion?
Heimische Wildnis wie Polarregion
Wir treffen ihn am Rande eines Waldstücks unweit seines Elternhauses in der kleinen Kurstadt. Es ist ein kalter Herbsttag. Die Sonne reflektiert auf der raureif-weiß schimmernden Landschaft. Arved Fuchs ist guter Dinge. Hier fühlt er sich der Polarregion so nah wie selten. Und genau diese Natur mit den Wäldern und den Brachen ist es, die bedeutsam für seine Polarforscher-Karriere war. Für ihn war dieser Ort die große Wildnis, das Naturerlebnis schlechthin. Als Kind kletterte er hier auf Bäume, baute sich Baum- und Erdhöhlen, spielt hier mit einer Horde von Kindern. In diese Landschaft hat er eine Menge Geschichten hineinphantasiert und gedanklich durchgespielt. Und die Natur gibt ihm bis heute Kraft und Energie.
Leidenschaft für Polarforscher Nansen
In der Schule verbrachte er seine Zeit höchstens halb so gern. Nun steht er nach vielen Jahren wieder vor seiner ehemaligen Jürgen-Fuhlendorf-Schule, in der nun die Grundschule Am Bahnhof ihr Zuhause hat. "Ich war ein lausiger Schüler. Ich war auch faul, weil sich meine Leidenschaft und meine ganzen Aktivitäten mehr draußen und in anderen Bereichen entfalteten", sagt Arved Fuchs und kann sich dabei ein Lachen nicht verkneifen. Er sei damals oft angeeckt und habe seine Meinung gesagt. Neben dem Sportunterricht machte er aber eine Sache richtig gerne: Lesen. Arveds Eltern besitzen zu Hause eine große Bibliothek. Mit dabei: "In Nacht und Eis" vom berühmten Polarforscher Fridtjof Nansen. Das Buch war seine Lieblingslektüre und Fridtjof Nansen sein großes Vorbild. "Das hat mich begeistert", sagt Fuchs. "Und da habe ich gesagt: Wenn du groß bist willst du das auch machen." Der Junge bestaunte die Art und Weise, wie akurat der berühmte Polarforscher seine Expedition organisierte und erdachte.
Interesse für Naturvölker und Kulturen
Es gibt hier in Bad Bramstedt viele Faktoren, die wichtig waren für die Richtung, in die sich Arved Fuchs damals entwickelt hat. Seine Eltern weckten in ihm das Interesse für andere Länder und Kulturen. Vor allem die Naturvölker hatten es ihm angetan. Ihre Art mit der Natur zu leben faszinierte den Schüler. Und brachten ihn später auch zu den Inuit. Zudem hatte er Glück, dass seine Eltern sehr tolerant waren. Das einzige Gebot: "Du kannst alles machen, aber du musst es richtig machen!" Eine Denkweise, die er verinnerlichte und die später entscheidend für seine Expeditionen wurden.
Gründung des "Club 19"
Dass sein Beruf einmal Abenteurer und Polarforscher sein würde, ahnte er damals noch nicht. Er gründet mit vier Freunden aus der Schule den "Club 19". Mit 19 Jahren gehen sie zusammen auf Reisen. Zuerst mit dem VW-Bus durch die USA und Mexiko, dann ein Survival-Urlaub nach Labrador im hohen Norden Kanadas, mit dem Kanu auf einem reißenden Wildwasserfluss, oder im Regenwald von Borneo. Aber das große Ziel ist die Arktis. Einer, der mit dabei war, ist Arveds alter Schulfreund Baptista von Salis. Mit ihm bereitet er sich 1982 auf seine erste Grönlandreise vor. Im Schockgefrierraum der örtlichen Schlachterei - bei minus 37 Grad. Um auf Nummer sicher zu gehen, testen die Freunde ihre Expeditionsausrüstung unter Realbedingungen. Zu den Vorbereitungen gehört ein allumfassendes Abhärtungstraining, zum Beispiel auch das Eisbaden in der Unteren Osterau, der Hudau und der Ohlau.
Auf Spuren historischer Expeditionen
Arved Fuchs und seine Freunde sind gewappnet für die erste Grönlandtour. Sie hat Arveds späteres Leben als Polarforscher entscheidend geprägt. Er lernt von den Inuit das Überleben in der Arktis. Er umrundet mit einem Faltboot den wildesten und stürmischsten Winkel unseres Planeten, Kap Hoorn. Er begibt sich auf die Spuren historischer Expeditionen. Arved Fuchs besteht dort, wo andere vor ihm gescheitert sind. Der Junge aus Bad Bramstedt kreuzt, wie sein Vorbild Nansen es schrieb, die weißen Flecken der Karte. Und auch mit 64 Jahren hat der Polarforscher noch viel vor.