SEK-Skandal: Neue Details zum Munitionsdiebstahl
Der Gründer der rechten "Prepper"-Gruppe "Nordkreuz" ist festgenommen worden und sitzt in Untersuchungshaft. Zusammen mit drei weiteren Polizisten soll er Munition aus Polizeibeständen entwendet und tausende Patronen gehortet haben. Bei Marko G. wurde eine Maschinenpistole gefunden. Die Gruppe "Nordkreuz" geriet vor zwei Jahren ins Visier des Generalbundesanwalts, weil gegen zwei andere Mitglieder wegen Terrorverdachts ermittelt wird.
Beschuldigte sollen Munition beschafft haben
In dem aktuellen Verfahren wird gegen vier ehemalige und aktive Polizeibeamte ermittelt. Drei von ihnen sollen seit 2012 illegal Munition aus den Beständen des Landeskriminalamtes entwendet haben. Bei Marko G., dem Gründer der rechten "Prepper"-Gruppe "Nordkreuz", sollen die Patronen gebunkert worden sein. Am Mittwoch ließ die Staatsanwaltschaft Schwerin die Wohnungen und Arbeitsstätten der Beschuldigten durchsuchen und die Männer festnehmen. Alle vier sind ehemalige beziehungsweise aktive Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Mecklenburg-Vorpommern. Ihnen werden Verstöße gegen Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz sowie gemeinschaftlicher Betrug vorgeworfen. Drei der vier Verdächtigen sind noch im Polizeidienst.
Panorama hatte bereits Anfang des Jahres über die Ermittlungen gegen Marko G. berichtet. Marko G. wollte sich dazu nicht äußern. Er sowie ein weiterer Beschuldigter befinden sich seit Donnerstag in Untersuchungshaft, da ein Haftrichter Fluchtgefahr sieht. Ein Verdächtiger ist auf freiem Fuß, der vierte ist noch im Polizeigewahrsam. Wie "Spiegel Online" berichtet, waren die Verteidiger der vier Männer für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Durchsuchungen wegen Terrorverdachts
Ausgangspunkt der aktuellen Ermittlungen gegen die SEK-Beamten waren Durchsuchungen wegen Terrorverdachts gegen zwei Mitglieder der Gruppe "Nordkreuz" aus Mecklenburg-Vorpommern 2017 und 2018. Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen des Verdachts auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. In diesem Verfahren wird Marko G. als Zeuge geführt, die Anti-Terror-Einheit GSG9 hatte im August 2017 auch sein Haus durchsucht, um Beweismaterial sicherzustellen. Dabei fanden die Ermittler auch ein umfangreiches Waffenarsenal, das teilweise nicht korrekt gelagert worden sein soll. Außerdem soll G. für den Besitz der Waffen teilweise nicht die nötigen Genehmigungen gehabt haben, heißt es aus Ermittlerkreisen. Marko G. hatte Panorama nach der Razzia ein ausführliches Interview zu seiner "Prepper"-Truppe "Nordkreuz" gegeben. Darin sprach er auch davon, dass die rund 30 Personen umfassende Gruppe fast vollständig legal bewaffnet sei - die Mitglieder seien Jäger und Sportschützen.
Gegen den Polizeibeamten Marko G. sei eine "Disziplinarklage erhoben worden, die mit der Entlassung aus dem Dienst enden könnte", hatte ein Sprecher des Schweriner Innenministeriums im Januar auf Panorama-Anfrage mitgeteilt. Seit 2015 befinde sich der Polizist schon nicht mehr im aktiven Dienst. Marko G. habe "keine Zugriffsmöglichkeiten auf dienstliche Bewaffnung mehr", sagte der Ministeriumssprecher weiter. Auch die Waffen aus dem Privatbesitz seien sichergestellt worden. Dennoch sollen die Ermittler bei der neuesten Durchsuchung rund 10.000 Schuss Munition gefunden haben, wie die Staatsanwaltschaft Schwerin erklärte. Ob Marko G. die Patronen legal besaß, werde jetzt geprüft. Auch eine Maschinenpistole vom Typ "Uzi" wurde sichergestellt.
"Zu tiefst erschüttert und fassungslos"
Da es sich bei den vier Beschuldigten im aktuellen Verfahren um Kollegen und ehemalige Kollegen handelt, mussten die Ermittler in dem aktuellen Fall besonders vorsichtig vorgehen. An der Festnahme des Quartetts waren auch Beamte des Bundeskriminalamts beteiligt. Eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe führte "'abgeschottet' von der sonstigen Tätigkeit im Landeskriminalamt", so die Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen die Verdächtigen. Bei der Razzia der Bundesanwaltschaft gegen die beiden Terrorverdächtigen und vier Zeugen im August 2017 hatten die Ermittler gänzlich darauf verzichtet, die Polizei in dem Bundesland im Vorfeld mit einzubeziehen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) äußerte sich am Mittwoch "zu tiefst erschüttert und fassungslos" ob der Vorwürfe gegen die Beamten. Er will heute den Innenausschuss über die Ermittlungen informieren.