Personalmangel: Hamburger Altenheim muss schließen
Zum ersten Mal muss in Hamburg ein Altersheim wegen Personalmangels schließen: Bis Ende Juni müssen alle 53 Senioren aus dem AWO Pflegeheim Hagenbeckstraße ausgezogen sein. Denn die AWO konnte nicht genügend Pflege-Fachkräfte finden. Ein riesiger Schock für die Bewohner, die dort alt werden wollten, denn das AWO-Haus sollte ihr letztes Zuhause werden. "Ich hab gedacht, ich würde hier bleiben. Sonst wär ich ja gar nicht hierher gegangen", erzählt Bewohnerin Magda Schade. "Ich bin 92. Da nochmal wieder umziehen – das ist nicht gut für mich."
Schließung für Bewohner und Leiterin nicht einfach
43 Bewohner sind bereits ausgezogen, zehn suchen noch nach einer neuen Unterkunft. Statt Leben auf den Fluren: gespenstische Stille. "Ich habe im Moment das Gefühl, ich bewege mich in einem Geisterhaus", erzählt Pflegeleiterin Petra Reimers. "Es fühlt sich für mich ganz gruselig an, dass hier so gar nichts mehr los ist." Eigentlich macht sie Dienstpläne, organisiert die Pflege für das AWO-Heim. Jetzt muss sie das Haus abwickeln. Das heißt auch: Für die meisten ihrer Bewohner einen neuen Platz finden. Keine leichte Aufgabe, denn es sind fast nur noch Doppelzimmer zu bekommen. Die Senioren wünschen sich aber meist ein Einzelzimmer, statt mit Fremden zu leben.
Im AWO-Pflegeheim fehlen insgesamt neun Fachkräfte, die sich um die alten Menschen kümmern können. Schon vor zwei Jahren zeichnete sich die Personalnot ab. Damals schloss die AWO den kompletten zweiten Stock. Weil sie seitdem die Personallücke nicht stopfen konnte, schließt sie nun das ganze Haus.
"Für unser Haus ist es einfach zu spät."
Pfleger Ulrich Thierfeldt arbeitet seit 23 Jahren in dem AWO-Haus. Er wird bei der AWO bleiben, genau wie viele andere seiner Kollegen. Dass heute nur wenige seinen Beruf ergreifen wollen, ist für ihn verständlich: "Die Bedingungen sind nicht schön und ich kann die jungen Leute verstehen, die sagen: Nein, wenn ich die Wahl habe und da auf das Geld gucken muss, dann lass ich das doch lieber." Tatsächlich zahlt man hier unter Tarif. Allerdings zahlen in Hamburg nur sieben Prozent der Heime überhaupt nach Tarif.
Was hätte das Haus noch retten können? Reimers ist überzeugt, gegen den Fachkräftemangel hätte die Bundesregierung schon vor Jahren die Weichen stellen müssen – damit wieder mehr Menschen als Altenpfleger arbeiten wollen. Die Pflegeoffensive von Gesundheitsminister Spahn vor zehn Monaten – zu spät. "Jetzt auf einmal werden alle wach und schreien, und Spahn versucht jetzt, etwas zu retten, was vielleicht nicht mehr zu retten ist", sagt Reimers. "Für unser Haus ist es einfach zu spät."