Schielende Patienten: Immer weniger Termine für notwendige Operationen
"Ich habe das ganze letzte Jahr praktisch kaum ein Buch gelesen, denn wenn ich angefangen habe, habe ich die Zeilen doppelt gesehen." Dieter Ellermann bemerkt schon vor zehn Jahren, dass sein rechtes Auge zu schielen beginnt. Am Anfang konnte er die Doppelbilder ignorieren, doch über die Jahre machte sein Hirn dabei nicht mehr mit. Lesen, Fernsehen, aber auch Auto- und Fahrradfahren werden zur Qual. Das ist nicht nur gefährlich, sondern führt auch zu andauernden, starken Kopfschmerzen. Der 75-Jährige entscheidet sich für eine Schieloperation, doch kurz vor dem OP-Termin bekommt er eine Absage: "Ich bekam einen Anruf von der Augenarztpraxis, dass die Operation nicht möglich ist und dass das abrechnungstechnische Gründe hat." Jedes Jahr werden rund 12.000 Schieloperationen durchgeführt und das vor allem an großen Zentren und Universitätskliniken. Die bekamen für diese stationäre Behandlung bislang rund 1.000 Euro. Damit waren Personal, OP und Materialien bezahlt. Doch seit 2023 sollen diese Operationen nur noch ambulant durchgeführt werden. Das hat das Bundesgesundheitsministerium entschieden, denn unser Gesundheitssystem verschlingt jedes Jahr hunderte Millionen Euro. Durch eine stärkere Ambulantisierung von Behandlungen ließe sich Geld einsparen. Doch ist diese Entscheidung wohlüberlegt? Panorama 3 und NDR Info haben mit rund 30 großen Kliniken gesprochen. Die Sorge ist groß, dass diese Art von Operationen immer weniger angeboten werden. Schon heute beträgt die Wartezeit zwischen neun und zwölf Monaten.