Ehemaliger Geschäftsführer der German Property Group angeklagt

Stand: 15.10.2024 20:19 Uhr

Die Firma hatte in einem der womöglich größten Anlegerskandale Deutschlands damit geworben, denkmalgeschützte Immobilien in Deutschland zu sanieren. Ausländische Anleger verloren viel Geld. Panorama 3 hatte den mutmaßlichen Betrug maßgeblich aufgedeckt.

von Anna Klühspies und Nils Naber

Von einem blauen kastenartigen Bürogebäude in Langenhagen bei Hannover aus dirigierte Charles Smethurst über Jahre das Investment-Unternehmen Dolphin Trust, das 2019 in German Property Group umbenannt wurde. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Hannover vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsführer. Sie wirft ihm gewerbsmäßigen Betrug in 27 Fällen vor, davon in 22 Fällen mit einem "Vermögensverlust besonders großen Ausmaßes". Der Gesamtschaden wird laut Staatsanwaltschaft auf mehr als 56 Millionen Euro beziffert. Von Charles Smethurst war über seinen Medienanwalt kurzfristig keine Stellungnahme zu erhalten.

Bereits im Jahr 2008 hatte er mit Dolphin Capital, später als Dolphin Trust bekannt, bei ausländischen Anlegern, unter anderem in Asien und Großbritannien, Geld eingesammelt, um damit denkmalgeschützte Immobilien in Deutschland zu restaurieren und anschließend teuer zu verkaufen. Den Anlegern wurden bei diesem Geschäft Renditen in Höhe von bis zu 15 Prozent jährlich versprochen. Viele Anleger warten allerdings bis heute auf die Rückzahlung ihrer Investitionen.

Behörden blieben trotz fehlender Jahresabschlüsse lange untätig

Firmengeflechte der German Property Group
Charles Smethurst, der frühere Geschäftsführer der German Property Group, baute ein unübersichtliches Firmengeflecht auf.

Recherchen von NDR, BR, BBC und "Süddeutscher Zeitung" zeigten, dass Charles Smethurst und Dolphin zwar überall in der Republik denkmalgeschützte Immobilien erwarben, doch statt sie zu entwickeln und teuer zu verkaufen, ließen sie die meisten Liegenschaften offenbar verrotten. Prominente Beispiele waren das Schloss Dwasieden auf Rügen oder die ehemalige Klinik Ost in Flensburg. Mutmaßlich um die Anleger in Sicherheit zu wiegen, wurden hohe Beträge auf die baufälligen Gebäude ins Grundbuch eingetragen. Die Grundbucheintragungen sollten für die Anleger als Sicherheit dienen. Allerdings überstiegen die Eintragungen ins Grundbuch den Wert der jeweiligen Liegenschaften in vielen Fällen bei Weitem.

Offenbar wurden alte Verbindlichkeiten über einen gewissen Zeitraum durch die Einwerbung neuer Anlegergelder beglichen. In der Fachsprache ist in solchen Fällen von einem "Schneeballsystem" die Rede. Obwohl jahrelang keine Jahresabschlüsse für viele der rund 200 Gesellschaften erstellt wurden, blieben die Behörden lange untätig. So wurden zwar immer wieder Ordnungsgelder verhängt, ohne dem mutmaßlichen Treiben von Charles Smethurst aber ein Ende zu setzen.

Verbleib Hunderter Millionen Euro scheint seit Jahren ungewiss

Längjähriger Firmensitz der German Property Group in Hannover Langenhagen.
Der langjährige Firmensitz der German Property Group (früher Dolphin Trust) in Langenhagen bei Hannover.

Als eine Sanierung des in German Property Group umbenannten Unternehmens scheiterte, folgte die Pleite. Mit der Insolvenz der German Property Group kamen viele Details des Skandals ans Licht. NDR, BR, BBC und SZ konnten interne Firmenunterlagen einsehen aus denen hervorgeht, dass mutmaßlich Anlegergelder in großem Umfang in Geschäfte von Charles Smethursts Ehefrau geflossen sein sollen. Sie bestreitet diese Vorwürfe.

Der für die German Property Group zuständige Insolvenzverwalter Justus von Buchwaldt ging im Jahr 2021 davon aus, dass bei 15.000 bis 25.000 Anlegern mehr als eine Milliarde Euro eingeworben worden sei. Der Verbleib von hunderten Millionen Euro Anlegergeld scheint seit Jahren ungewiss. Die Anleger kamen offenbar nahezu ausschließlich aus dem Ausland.

Staatsanwaltschaft Hannover erhebt nun Anklage

Jan Erik Spangenberg
Der Anwalt Jan Erik Spangenberg vertritt mehr als 100 Anleger aus Asien und Osteuropa.

Die rund vier Jahre andauernden Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hannover nun zum Abschluss gebracht und erhebt jetzt Anklage. Darüber freut sich der Hamburger Anwalt Jan Erik Spangenberg. Er vertritt mehr als 100 Mandanten aus Asien und Osteuropa, die durch Charles Smethurst geschädigt wurden.

Allerdings falle auf, so Spangenberg, dass es in der Anklageschrift nur um einen Gesamtschaden in Höhe von mehr als 56 Millionen Euro gehe. Der eigentliche Schaden sei wesentlich höher, meint der Anwalt. "Wir wissen, dass Charles Smethurst Tausende geschädigt hat." Offenbar hat sich die Staatsanwaltschaft am Ende auf nur wenige Tatbestände konzentriert. Ob und wann das Landgericht Hildesheim die Anklage zulässt, steht noch nicht fest.

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