Die Neuen im Bundestag
Die neue Regierung steht in den Startlöchern und der Bundestag nach Jahren der großen Koalition vor einem Wechsel. Doch nicht nur die erste Reihe der Politiker:innen ist neu: viele junge Abgeordnete ziehen erstmals ins Parlament - auch aus Norddeutschland.
Eine von ihnen ist Karoline Otte aus dem niedersächsischen Moringen. Die 25-Jährige zieht für die Grünen in den Bundestag ein. Bevor die inhaltliche Arbeit beginnt, sind es vor allem organisatorische Dinge, die die neuen Abgeordneten auf Trab halten: Büros in Berlin und in den Wahlkreisen einrichten, Mitarbeiter:innen einstellen und auch Alltägliches vom Telefonanschluss bis zum Hausausweis für das Bundestagsgebäude organisieren. "Es ist eine riesige Aufgabe, vor der wir ganz viel Respekt haben. Gerade davor, eben nicht nur unser Büro zu verwalten - das ist schon eine gigantische Aufgabe. Aber das zu schaffen und zu sagen: Wir machen hier politische Arbeit, und wir wollen politisch was bewegen."
Klimapolitik, die auch für Menschen mit geringem Einkommen funktioniert, sei ihr wichtig, sagt Karoline Otte. Und noch etwas liegt ihr am Herzen: Als Mutter eines kleinen Kindes will sie zeigen, dass es auch für junge Frauen möglich ist, Familie zu haben und in der Bundespolitik durchzustarten. Auch wenn sie gerade viele Dinge gleichzeitig organisieren muss.
Kontakt zu den Wähler:innen halten
Organisatorisches auf der einen Seite und künftige Regierungsverantwortung auf der anderen Seite - Max Mordhorst beschreibt diese Phase als besonders und intensiv. Er ist mit 25 der jüngste Abgeordnete der FDP und vertritt künftig seinen Kieler Wahlkreis in Berlin.
Bis vor kurzem war er Vorsitzender der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein. Auch wenn er jetzt zwischen Kiel und Berlin pendelt, will er viel und oft in die Heimatstadt zurückkehren. Um den Kontakt zu den Wähler:innen zu halten - und auch um sich nicht zu sehr zu verändern, wie er sagt. "Ich glaube, es gibt schon Menschen, die dieser politische Betrieb kaputtmacht", sagt er. Zwei Wohnorte, die Erwartungen von der Partei, der Fraktion und auch aus dem persönlichen Umfeld - all das gelte es nun unter einen Hut zu bringen.
Viele Vorbehalte
Herausforderungen, denen sich auch die 31-jährige Reem Alabali-Radovan von der SPD stellen muss. Sie hat das Direktmandat für ihren Schweriner Wahlkreis geholt. Eine Besonderheit, denn hier hatte der Kandidat der CDU zuvor drei Wahlen in Folge gewonnen. Nun vertritt sie die Menschen aus der Region in Berlin. "Mein Vorgänger kommt aus einer anderen Generation, hat einen anderen Hintergrund und hat auch mich vertreten. Und da fragt keiner: 'Kann er mich überhaupt repräsentieren im Bundestag?' Bei mir wird das oft gefragt."
Viele ihrer Wähler:innen haben eine ganz andere Biografie als sie selbst. Als Kind irakischer Eltern wurde Reem Alabali-Radovan in Moskau geboren. Als kleines Mädchen kam sie mit ihrer Familie nach Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Studium in Berlin arbeitete sie in der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete, in der sie selbst als Kind aufgenommen wurde. Später wurde sie Integrationsbeauftragte des Landes. Als junge Frau mit Migrationsgeschichte habe sie gleich dreifach mit Vorbehalten zu kämpfen, sagt Alabali-Radovan. Gleichzeitig sei es ein gutes Zeichen, dass sie nun im Bundestag für eine neue Generation von Politiker:innen stehen könne.
Aufregende Wochen
Für die CDU-Politikerin Franziska Hoppermann geht es in ihrer ersten Legislaturperiode zwar in die Opposition - doch dort könnte sie bald eine besondere Rolle einnehmen: Sollte Norbert Röttgen künftiger CDU-Vorsitzender werden, will er sie zur Generalsekretärin machen. Eine Ankündigung, die ihre ersten Wochen als Abgeordnete noch aufregender machen, als der Start im Berliner Politikbetrieb ohnehin.