Das Klima und die Reichen

Stand: 12.01.2023 06:00 Uhr

Vermögende Menschen verursachen ein Vielfaches mehr an Treibhausgasen als ärmere. Klimaforscher Schellnhuber schlägt deshalb vor, die CO2-Menge pro Kopf zu begrenzen und einen persönlichen CO2-Handel zu ermöglichen. Klimaschutzminister Habeck lehnt das ab.

von C. Baars, R. Holm, O. Lambrecht, K. Schiele

Die Folgen der Klimakrise wie Dürren, Brände und Überflutungen sind bereits heute überall auf der Welt zu spüren. Um die Katastrophe auszubremsen, haben sich viele Staaten - darunter auch Deutschland - verpflichtet, die Erderwärmung bei deutlich unter zwei Grad zu stoppen. Um dieses Ziel zu erreichen, darf in den kommenden Jahrzehnten weltweit nur noch eine begrenzte Menge des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 Jahr in die Atmosphäre gelangen.

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Nur drei Tonnen CO2 pro Person und Jahr

Wenn man ein fundamentales Gerechtigkeitsprinzip anwenden würde, stünden damit jedem Menschen rein rechnerisch bis Mitte des Jahrhunderts rund drei Tonnen CO2 jährlich zur Verfügung, erklärt der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher. © NDR/ARD
Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber schlägt einen individuellen CO2-Handel vor.

Davon sind die Menschen in Deutschland allerdings weit entfernt. Im Schnitt verursachen sie je nach Berechnung zwischen acht und zehn Tonnen. Viele Millionäre kommen jährlich sogar auf mehr als 100 Tonnen CO2 , Superreiche auf tausende Tonnen pro Kopf. In den letzten Jahren habe man gesehen, dass eine Dimension von Reichtum die Klimaschädlichkeit sei, so Schellnhuber.

Der renommierte Wissenschaftler fordert deshalb im Interview mit Panorama, eine individuelle CO2-Grenze einzuführen und gleichzeitig einen privaten Handel mit CO2-Rechten zu ermöglichen. "Jeder Mensch kriegt drei Tonnen CO2 pro Jahr, aber wer mehr braucht, muss es sich eben einkaufen", schlägt Schellnhuber vor, und zwar von anderen, die weniger verbrauchen.

Habeck lehnt persönliche CO2-Grenze ab

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), lehnt eine solche CO2-Obergrenze für jeden Einzelnen jedoch ab. "Ich konzentriere mich jetzt nicht auf die Frage eines individuellen Budgets", erklärt Habeck im Panorama-Interview.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Panorama-Interview. © NDR/ARD
Robert Habeck will keine "individuelle Klima-Kontrolle".

Der Minister möchte die Menge der Treibhausgase durch die bereits eingeleiteten Maßnahmen wie etwa den Ausbau erneuerbarer Energien oder Gebäudesanierungen reduzieren. Zudem müssten Produkte, die klimaschädlich hergestellt würden, teurer werden, so Habeck, oder falls nötig, verboten werden. Er sei der Meinung, dass die Klimaschutzziele ohne eine "individuelle Klima-Kontrolle" besser zu erreichen seien.

Experten empfehlen harte Begrenzung

Doch selbst der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen kommt zu der Einschätzung, dass die aktuellen Maßnahmen nicht ausreichen. Der Ausstoß von Treibhausgasen sinke zu langsam, so das Gremium in seinem aktuellen Gutachten, die Ziele für das Jahr 2030 würden voraussichtlich "signifikant verfehlt". Der Rat empfiehlt deshalb, nicht mehr nur weiche Minderungsziele zu formulieren, sondern eine "harte Begrenzung zulässiger Emissionsmengen" einzuführen.

Klimaforscher Schellnhuber findet, es sei Zeit, endlich eine ehrliche Rechnung aufzumachen. Man brauche eine "radikale Klarheit", was jeder Einzelne beizutragen habe, so Schellnhuber. "Und diese Klarheit haben wir längst nicht erreicht."

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Der Panorama-Beitrag vom 12. Januar 2023 als PDF-Dokument zum Download. Download (122 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 12.01.2023 | 21:45 Uhr

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