USA-BRD: Hat der Handelskrieg bereits begonnen?
Die Vereinigten Staaten wollen europäische Unternehmen aus dem Iran-Geschäft drängen. So will die US-Regierung das Atomabkommen vollends zerstören und den Iran wirtschaftlich strangulieren. Das haben Donald Trump und sein Außenminister Mike Pompeo öffentlich erklärt. Sicherheitsberater John Bolton ergänzt, dass die USA letztlich einen "Regimewechsel" im Iran anstreben. "Die scharfen Wirtschaftssanktionen", die Trump und Pompeo mit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen angekündigt haben, sollen vor allem europäische Firmen treffen. Amerikanische Firmen sind seit Jahren nicht mehr im Iran aktiv. Für sie würde erst nach einem "Regimewechsel" in Teheran eine neue Zeit der Möglichkeiten anbrechen.
USA wollen Europäer sanktionieren
"Zur Rechenschaft ziehen" werde man Unternehmen, die "verbotene Geschäfte im Iran" betreiben, sagte Pompeo wörtlich. Was verboten und was erlaubt ist, legen nach Auffassung der US-Administration allein die Vereinigten Staaten fest, auch wenn die Betroffenen europäische Firmen sind. Die Bundesregierung ist aufgeschreckt. Die amerikanische Politik der Übergriffigkeit einfach hinzunehmen, käme nicht gut an. Dies würde auch die mühsam aufgebaute Verständigung mit dem Iran wieder zunichte machen. Der US-Sanktionspolitik etwas Wirksames entgegenzusetzen, ist hingegen auch eine Herausforderung.
Bei einem Treffen mit europäischen Amtskollegen vergangene Woche in Brüssel zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unentschieden. "Wir versuchen zu ermitteln, welche konkreten Folgen die Sanktionen haben werden," sagte er ausweichend. Über das "Wie" von Gegenmaßnahmen der Europäer hüllte Altmaier sich in Schweigen. Immerhin formulierte er das Dilemma, vor dem Deutschland und die Europäer nach dem US-Ausstieg aus dem Atomabkommen stehen: "Die Unternehmen haben im Iran investiert, haben Geschäftsbeziehungen angebahnt unter der Annahme, dass dieses Atomabkommen Gültigkeit hat. Und deshalb fühlen wir uns ihnen gegenüber auch verantwortlich", sagte Altmaier.
Siemens folgt der Trump-Agenda
Während Bundesregierung und EU noch überlegen, wie man reagieren soll, stimmen viele Unternehmen bereits mit den Füßen ab. Sie reduzieren ihr Irangeschäft stark oder beenden es ganz. Besonders eilig hatte es Siemens-Chef Joe Kaeser. Weniger als eine Woche nach der Ausstiegserklärung von Donald Trump lief der Vorstandsvorsitzende des deutschen Technologiekonzerns zum amerikanischen Sender CNN und verkündete im Exklusiv-Interview, Siemens werde kein Neugeschäft im Iran mehr abschließen. "Wir folgen dem Primat der Politik," erläuterte Kaeser. Die Zuschauer konnten trotz des holprigen Englisch keinen Zweifel haben, dass damit die Politik der Trump-Administration gemeint war. Neben Siemens sind der französische Energiekonzern Total, der italienische Wettbewerber Eni und der dänische Logistikriese Maersk weitere Beispiele bekannter Großunternehmen, die nach dem Atomabkommen 2015 in den iranischen Markt drängten und nun eilig den Rückzug antreten.
Nach Recherchen von Panorama geht der Exodus der Unternehmen aus dem Iran-Geschäft jedoch deutlich über diese bekannten Beispiele hinaus, nur dass er sich in der Masse der Fälle diskret vollzieht. So verschickte die DZ Bank, das Frankfurter Dachinstitut der Volksbanken, kurz nach der Iran-Erklärung von Donald Trump ein Schreiben an die Filialen in der Fläche. Das Schreiben liegt der Panorama-Redaktion vor. Darin teilt die DZ Bank mit: "Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklung und dem Ausstieg der USA aus dem JCPOA (Atomabkommen, Anm. der Redaktion) sehen wir uns veranlasst, nun auch den Zahlungsverkehr mit Iranbezug zum 30. Juni 2018 einzustellen."
Auch internationaler Zahlungsverkehr betroffen
Volksbanken, die das Schreiben von ihrem Dachinstitut erhielten, leiteten es an ihre im iranischen Markt aktiven Geschäftskunden weiter. Die "Wahrung der Reputation unserer genossenschaftlichen Finanz-Gruppe Volksbanken Raiffeisenbanken" gehöre zu den "maßgeblichen Beweggründen für diese Entscheidung," heißt es weiter. Die DZ Bank präzisiert, dass auch innerdeutscher Zahlungsverkehr in Euro, der einen Iranbezug aufweist, künftig nicht mehr abgewickelt werde. Panorama hat bei der Frankfurter Bank nachgefragt, ob sie es US-Präsident Donald Trump überlassen wolle zu bestimmen, "was gute und was schlechte Reputation" sei. Die Bank reagierte darauf nicht.
Für ihr Iran-Geschäft sind die Unternehmen auf Banken angewiesen, die den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr mit dem Land abwickeln. Daher bietet die Finanzwirtschaft der US-Administration eine besonders wirksame Angriffsfläche für Sanktionen. Faktische Grundlage ist die Dominanz des Dollars als internationales Zahlungsmittel. Geldtransfers in Dollar laufen letztlich immer über eine Bank auf amerikanischem Boden. Schon in der ersten Phase strenger Iran-Sanktionen von 2007 bis 2014 gerieten so mehrere europäische Banken ins Visier der Amerikaner. Die US-Behörden verhängten hohe Strafen gegen die Commerzbank (1,5 Mrd. Dollar), die französische BNP Paribas (8,9 Mrd. Dollar) und die niederländische ING DiBa (600 Mio. Dollar). Die HypoVereinsbank wartet noch auf ihr Strafmaß. Panorama berichtete, wie die US-Behörden zudem die Commerzbank zwangen, sich von bestimmten Mitarbeitern in Deutschland zu trennen.
Die Spitzenverband Deutsche Kreditwirtschaft (DK) fürchtet nun die Neuauflage dieses Szenarios. In einer Stellungnahme vom 16. Mai erinnert die DK die Bundesregierung daran, dass sie die Rückkehr der Banken ins Iran-Geschäft nach dem Atomabkommen 2015 ausdrücklich begrüßt habe. Nun fordert der Spitzenverband von der Politik, "dass Wirtschaft und Banken vor möglichen US-Sanktionen geschützt werden." Das Beispiel der DZ Bank zeigt, dass das Vertrauen auf diesen Schutz nicht besonders groß zu sein scheint.
- Teil 1: USA wollen Europäer sanktionieren
- Teil 2: Die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft