Stand: 27.01.2016 16:00 Uhr

Zunahme rechter Gewalt gegen Politiker

von Robert Bongen

In den letzten drei Monaten des Jahres 2015 hat die politisch motivierte Gewalt gegen Politiker zugenommen. Allein zwischen Oktober und Dezember gab es 25 Attacken gegen Bundestags- und Landtagsabgeordnete oder deren Büros. Die Angriffe sind meist politisch motiviert, die Täter stammen offenbar aus dem rechten Lager.

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Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Monika Lazar (Bündnis 90 / Die Grünen) hervor, die Panorama vorliegt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 75 politisch rechts motivierte Delikte polizeilich erfasst, die unmittelbar gegen Bundestags- und Landtagsabgeordnete oder deren Büros gerichtet waren. Nur in neun Fällen konnten bisher Tatverdächtige ermittelt werden. Mit 46 Angriffen am häufigsten betroffen waren Politiker der Partei Die Linke. 22 Attacken richteten sich gegen Abgeordnete der SPD, fünfmal waren Politiker von Bündnis 90 / Die Grünen das Ziel, zweimal von der CDU und einmal von der FDP.

Sachsen und Brandenburg liegen vorne

Glasscherben stecken im Rahmen eines Fensters, bei dem die Scheibe zerbrochen ist. © NDR Foto: Eric Kliztke
Steine statt Worte: Wenn politische Auseinandersetzung in Gewalt kippt.

Die meisten Delikte gab es in Sachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. "Die Hemmschwelle, Gewalt als Mittel in der politischen Auseinandersetzung einzusetzen, ist gefährlich gesunken. Wenn Meinungsstreit nicht mehr argumentativ, sondern mittels Straftaten geführt wird, muss das die gesamte Gesellschaft alarmieren“, kommentiert Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen.

Es sei nicht hinnehmbar, dass Menschen aufgrund ihrer Haltung oder ihres Engagements eingeschüchtert und bedroht werden. "Wenn wir das zulassen, besteht auf Dauer die Gefahr, dass Gewalt offene politische Diskurse erschwert oder gar verhindert." Nach Panorama-Recherchen werden auch vermehrt Kommunalpolitiker massiv bedroht. Etwa Pia Findeiß, die Oberbürgermeisterin von Zwickau. Erst Mitte Januar warfen Unbekannte einen Pflasterstein durch ein Fenster im Privathaus der SPD-Politikerin.

Anschläge auf Oberbürgermeisterin

Findeiß berichtet, dass sie seit anderthalb Jahren regelmäßig Attacken von "Flüchtlingsgegnern" ausgesetzt sei: So wurde ihr Haus mit Farbbeuteln verschmutzt, das Schloss ihrer Haustür mit Leim verklebt und ihr Auto mit Fett beschmiert. Darüber hinaus bekomme sie immer wieder anonyme Drohungen, darunter auch ihre eigene Todesanzeige. Bisher hat sie das nicht öffentlich gemacht, weil Politiker Anfeindungen aushalten müssten, sagte sie. Doch nun sei eine Grenze überschritten. Insgesamt fünf Strafanzeigen habe sie erstattet, bisher sei allerdings kein Täter ermittelt worden. "Ich hätte nicht gedacht, dass wir in Deutschland wieder in eine Situation kommen, in der Menschen nicht mehr sicher sein können, dass sie unversehrt den Tag überstehen", sagt Findeiß.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 28.01.2016 | 21:45 Uhr

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