Nach Panorama-Beitrag: Dr. Fritz in Gefahr
Die Bedrohungen beginnen bereits am Tag der Sendung. Dutzende Male klingelt das Handy des Hamburger Onkologen Dr. Ulrich Fritz. Immer ist es einer der Strippenzieher eines Bestechungsversuches, den der Arzt bei Panorama und im Magazin "stern" öffentlich gemacht hat. Mit versteckter Kamera ließ er in seiner Praxis die Besuche eines Pharmavertreters und von zwei Apothekern festhalten. Besuche, bei denen die "Gäste" Dr. Fritz dubiose Geschäfte vorgeschlagen hatten. Es ging um lukrative Rezepte für Krebsmedikamente und viel Geld als Gegenleistung. Der Panorama-Beitrag hatte gravierende Folgen: Der Pharmahändler hat seinen Job verloren. Und die Staatsanwaltschaft prüft die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens.
Anrufe und Bedrohungen
Folgen hatte er auch für Dr. Fritz. Denn der Kronzeuge wird seit der Veröffentlichung der Bestechungsversuche bedroht: immer wieder Anrufe, tags wie nachts. Am Tag der Sendung stürmt der korrupte Pharmahändler in seine Praxis, will den Arzt offenbar zur Rede stellen. Nicht gerechnet hat er dabei wohl mit den beiden Sicherheitsleuten an der Tür und der Panorama-Kamera. Und der Reaktion des Arztes, der ihn mit klaren Worten zum Verlassen seiner Praxis auffordert.
Knapp eine Woche später der Höhepunkt: Ein Unbekannter randaliert vor der Privatwohnung von Dr. Fritz, stößt Tische, Stühle und Bänke um, zertrümmert Blumenkästen und eine Lampe. Mitten am Tage. Der Hausmeister des Gebäudes beobachtet einen Mann, der telefoniert und von "Panorama" und "Ist erledigt" gesprochen haben soll. Auf Panorama-Anfrage teilt der Pharmahändler mit, dass er mit der Aktion nichts zu tun habe.
"Die Randale hat mich zutiefst erschüttert", sagt Dr. Fritz. Für sich selbst befürchte er nichts, aber dass nun seine Familie betroffen sei, er diese dem Übergriff ausgeliefert habe, das mache ihm zu schaffen. Die Familie Fritz erstattet umgehend Anzeige. Doch trotz der Vorkommnisse sieht die Polizei derzeit keine, wie ihr Sprecher sagt, "objektive Gefährdungslage": "Der subjektiven Situation wird natürlich in der Form Rechnung getragen, dass wir jetzt verstärkt bei der Familie Fritz Streife fahren", sagt Holger Meier von der Polizei Ratzeburg.
Die Branche ist anfällig für Korruption
Onkologe Dr. Fritz kennt die Krebsbranche seit vielen Jahren: Es geht es um viel Geld, pro Patient schnell um mehrere Tausend Euro. Krebsmedikamente, die lebensrettenden Chemotherapien - all das ist ein Milliarden-Geschäft, an dem viele verdienen wollen. Es ist eine Branche, anfällig für Korruption, in der es immer wieder schwarze Schafe gibt. Dr. Fritz hat dies sogar im eigenen Unternehmen erlebt: Er war hinter ein System illegaler Abrechnungen in dem Onkologie-Zentrum gekommen, in dem er einer der Verantwortlichen war.
Im vergangenen Jahr hat er sich deshalb selbst angezeigt, die Staatsanwaltschaft ermittelt bis heute wegen Abrechnungsbetrugs. "Wenn Sie wissen, dass irgendwo Straftaten begangen werden, ist es das Natürlichste, dass Sie das öffentlich machen", sagt er. "Damit sorgen Sie auch dafür, dass klar wird, dass Sie nicht Bestandteil des Systems sind." Mit der Aufdeckung der Bestechungsversuche bei Panorama und im Magazin "stern" habe er nun für jeden begreifbar machen wollen, wie manche in der Branche ticken. Wie "manche ticken" - und wie weit manche gehen, das haben Dr. Fritz und seine Familie in der Folge der Berichterstattung nun am eigenen Leibe erfahren müssen. Dennoch betont er: Gäbe es einen weiteren Skandal aufzudecken - er würde die Gefahr wieder auf sich nehmen.