Ein syrischer Anwalt auf der Flucht
Als die Militärpolizei an seiner Haustür in Damaskus klingelt, ist Rami* zum Glück nicht daheim. Seinen Einberufungsbefehl hat er erst kurz zuvor erhalten. Und in der Armee von Baschar al-Assad wartet auf ihn nur der Tod, da ist er sich sicher: "Das ist wie ein Todesurteil", sagt Rami, "nur ein bis zwei Prozent kehren zurück." Doch die meisten sehe man nie wieder.
Flucht vor Assads Armee
Der 31-Jährige entschließt sich, zu fliehen. Obwohl er als Anwalt für Immobilienrecht eigentlich ein gutes Leben führt: Seine Kanzlei hat drei Angestellte, als Dienstwagen fährt er einen Mercedes. Doch der Krieg in Syrien hat bereits seine Spuren hinterlassen, auch in Ramis Viertel im Zentrum von Damaskus. Eine Freundin wird gemeinsam mit ihrer Tochter unter ihrem Haus begraben, als dort eine Bombe detoniert. Ein anderer Freund auf der Straße erschossen - zwei Beispiele von vielen.
Als ihn sein Vater vor der Militärpolizei warnt, packt Rami seine wichtigsten Dokumente in einen Rucksack und lässt seine Familie schweren Herzens zurück. Er begibt sich in die libanesische Hauptstadt Beirut, fliegt von dort mit der nächsten Maschine in die Türkei. Sein Ziel: Deutschland.
Eine Odyssee vom Nahen Osten durch Europa
Mehr als 4.000 Kilometer legt er zurück, passiert dabei acht Grenzen – und ist ein halbes Jahr unterwegs, bevor er am Ende in Dänemark (nicht wie geplant in Deutschland) Asyl erhält.
Panorama-Reporter Nino Seidel hat Rami kurz nach Beginn seiner Flucht in der türkischen Hafenstadt Mersin kennengelernt - und danach auf seiner Route regelmäßig getroffen.
Immer wieder hat Rami auf seinem Weg mit seinem Smartphone auch selbst Fotos gemacht und kleine Videos gedreht - und so seine Perspektive eingefangen. Seine Hoffnung: "Ich wünsche mir, dass die Menschen verstehen, was ich und die vielen anderen auf uns nehmen, um ans Ziel zu kommen, um in Frieden zu leben." Dies ist die Geschichte von Ramis Flucht.
* Name von der Redaktion geändert