Stand: 08.05.2014 13:57 Uhr

Die unendliche Geschichte der "Kalten Progression"

von Ben Bolz

Es ist seit Jahrzehnten ein echtes Ärgernis: Man bekommt eine Lohnerhöhung, die eh schon von der Inflation aufgefressen wird - und dann rutscht man im Steuersystem auch noch eine Stufe höher und hat damit weniger Geld in der Tasche als zuvor. Bereits 2008 hatte Panorama über dieses Phänomen namens "Kalte Progression" berichtet. Seitdem verspricht die Politik immer wieder, das Problem anzugehen - ohne Taten folgen zu lassen.

VIDEO: Die unendliche Geschichte der "Kalten Progression" (5 Min)

2012 scheiterte die Reform im Bundesrat

2009 hatte Schwarz-Gelb zwar vor der Wahl die Abschaffung der Kalten Progression versprochen, um das Vorhaben dann wegen der Folgen der Finanzkrise zunächst ad acta zu legen. Es kam nur zu kleinen Änderungen des Steuertarifs, die zuvor schon die Große Koalition beschlossen hatte. 2012, als die Spielräume dann da waren, scheiterte das Projekt an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat.

Dabei hatte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Stephan Kampeter (CDU), damals getönt: "Manche werden sich über die unsachlichen Reden, die heute im Bundesrat gehalten wurden, schämen. Die Entlastung für die Steuerzahler wird und muss kommen. Sie ist angesichts der Steuermehreinnahmen auch verkraftbar.“

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Bundesregierung sieht keinen Spielraum

Und heute? Wo die Steuereinnahmen sprudeln wie nie zuvor? Da sieht die Bundesregierung für 2014 und 2015 keinen Spielraum, sich der kalten Progression anzunehmen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert sagte. Wen wundert's? Schließlich beschert die Kalte Progression nach Angaben des Bundesfinanzministeriums dem Staat allein für die Jahre 2014 und 2015 Mehreinnahmen von rund 3,8 Mrd. Euro (Grundlage der Berechnungen ist das Basisjahr 2013). 2016 würden es sogar 5,5 Mrd. Euro sein.

Eine entsprechende Meldung des "Spiegel", dass der Bundesfinanzminister für 2016 eine Abmilderung der Kalten Progression plane, wollte sein Sprecher Hans Joachim Narzynski so auch nicht gegenüber "Panorama" bestätigen. Vorrangig seien zunächst einmal die Ausfinanzierung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Projekte und ein ausgeglichener Haushalt.

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Der Panorama-Beitrag vom 08. Mai 2014 als PDF-Dokument zum Download. Download (78 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 08.05.2014 | 21:45 Uhr

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