Stand: 07.03.2014 15:33 Uhr

Abgeordneter von ukrainischer Regierungspartei ehrt Waffen-SS

von Nils Casjens
Teilnehmer einer Trauerfeier in der Ukraine in der Uniform der Division "Galizien" der Waffen-SS. © YouTube Screenshot
Teilnehmer der Trauerfeier in der Uniform der Division "Galizien" der Waffen-SS.

Ein Parlamentsabgeordneter der ukrainischen Regierungspartei Swoboda hat offenbar im Sommer 2013 an einer Zeremonie anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der ukranischen Division der Waffen-SS teilgenommen. In der Zeremonie ehren Ukrainer in SS-Uniform Gefallene der galizischen Division der Waffen-SS. Dies beklagte der Jüdische Weltkongress bereits im letzten Herbst: Auch Aufnahmen des russischen Fernsehsenders Rossija 1 wirken authentisch.

In dem Video ist der Swoboda-Abgeordnete Oleh Pankewitsch zu sehen, wie er eine Rede am Grab der Gefallenen hält. Er sitzt für die rechtsextreme Swoboda-Partei im ukrainischen Parlament. Die Swoboda ist an der neuen Regierung beteiligt, stellt drei Minister und den stellvertretenden Ministerpräsidenten. Ranghohe Mitglieder, darunter auch der Swoboda-Vorsitzende, sind mehrfach mit klar antisemitischen und antirussischen Äußerungen aufgefallen.

Hintergrund
Fahnen der nationalistischen ukrainischen Swoboda-Partei.

Was hinter der Swoboda-Partei steckt

"Swoboda" wurde 1991 gegründet, unter dem Namen "Sozial-Nationale Partei der Ukraine". 2004 wurde der Name geändert, um mit moderateren Tönen nach dem Vorbild der österreichischen FPÖ neue Wählerschichten zu erschließen. Historisch bezieht sich Swoboda auf die "Organisation der Ukrainischen Nationalisten" (OUN) unter Stepan Bandera. In der Westukraine wird er als Freiheits- und Unabhängigkeitskämpfer verehrt, während er im Süden und Osten des Landes zumeist als Nazi-Kollaborateur gilt. mehr

Geleitet wurde die Zeremonie von einem Priester der ukrainischen orthodoxen Kirche. Mehrere Teilnehmer haben die Uniform der Waffen-SS an, zu erkennen am Totenkopf auf Mütze und Helm, den SS-Runen auf dem Kragen und dem Reichsadler auf dem Oberarm. Die Trauergemeinde trägt drei Särge aus einer Kirche über ein Feld zu einem Grab. Dort geben die Uniformierten einen Salutschuss ab.

Die Bilder sollen Ende Juli 2013 in Gologory in der Nähe der westukrainischen Stadt Lemberg entstanden sein. Die Teilnehmer feiern offenbar den 70. Gründungstag der galizischen Division der Waffen-SS. In der galizischen Division haben mehr als 20.000 Ukrainer im Zweiten Weltkrieg auf der Seite der Wehrmacht gekämpft. Sie waren für mehrere Massaker an der jüdischen und polnischen Bevölkerung verantwortlich.

VIDEO: Kiew: Welche Rolle spielen die Faschisten? (6 Min)

Weitere Informationen
Oleh Tjahnibok, Parteichef der nationalistischen ukrainischen Swoboda-Partei. © dpa / picture-alliance Foto: Igor Kovalenko

"Judenschweine bekämpfen": Aufruf oder Nacherzählung?

Panorama hat nach Zuschauer-Hinweisen ein im Film gezeigtes Zitat erneut übersetzen lassen. Es geht darum, was der Chef der ukrainischen Partei Swoboda, Oleh Tjahnibok, 2004 genau gesagt hat. mehr

Plakat der Swoboda-Partei

Putsch in Kiew: Welche Rolle spielen die Faschisten?

Monatelang haben Hunderttausende auf dem Kiewer Maidan protestiert - für eine demokratische Ukraine. Doch von Anfang an spielten dort auch rechtsextreme Kräfte wie die ultranationalistische Partei "Swoboda" eine wichtige Rolle. mehr

ARD-Brennpunkt

Brennpunkt: Ukraine vor der Spaltung

Ist die Spaltung der Ukraine noch zu stoppen? Wie reagiert Kiew? Welche Optionen hat die ukrainische Übergangsregierung überhaupt? Steht Europa vor einem zweiten Kalten Krieg? extern

Dossier: Krise auf der Krim

Seit dem Machtwechsel in Kiew ist die Krim Schauplatz eines gefährlichen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Hintergründe, Analysen und Meinungen zu den Entwicklungen auf der Halbinsel. extern

Publikative.org: Maidan - Die Revolution ist vorbei

Maidan - Die Revolution ist vorbei: Auf dem Maidan versammelte sich ein Querschnitt der Bevölkerung. Das heißt natürlich: auch Nazis. Von Anfang an fehlte der Protestbewegung eine Abgrenzung und Distanzierung von der extremen Rechten. extern

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 06.03.2014 | 22:00 Uhr

Über Panorama

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr

Anja Reschke © Thomas & Thomas Foto: Thomas Lueders

60 Jahre Panorama

60 Jahre investigativ - unbequem - unabhängig: Panorama ist das älteste Politik-Magazin im deutschen Fernsehen. mehr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Panorama History Channel

Beiträge nach Themen sortiert und von der Redaktion kuratiert: Der direkte Einstieg in 60 Jahre politische Geschichte. mehr