Abgeordnetenbestechung: Neues Gesetz ohne Wirkung
Syrien, der Sudan, Saudi Arabien, Deutschland. Das sind die bekanntesten der wenigen Länder, bei denen die Konvention der Vereinten Nationen (UNO) gegen Korruption von Politikern noch nicht umgesetzt ist. Von September 2014 an wird Deutschland endlich nicht mehr in einem Atemzug mit solchen Schurken- und Despotenstaaten genannt. Dann tritt das neue Gesetz zur Abgeordnetenbestechung in Kraft.
Die Annahme teurer Geschenke bleibt legal
Doch das neue Gesetz ist fast komplett wirkungslos, sind sich viele Experten und Staatsanwälte sicher. "Das Gesetz ist unpraktikabel, und ich sage voraus, dass es nicht zur Anwendung kommen wird", sagt etwa der ehemalige Generalstaatsanwalt Hans Christoph Schaefer. So stehen Bestechungsversuche nicht unter Strafe, auch die Annahme von teuren Geschenken bleibt für Abgeordnete legal, fällt nicht in den Bereich der Straftat. Ein Grund: Die deutschen Parlamentarier tun sich schwer mit strengeren Regeln gegen Bestechung. Zu groß ist die Angst, dass es zu Ermittlungen wegen alltäglicher Selbstverständlichkeiten kommen kann. So ist es für deutsche Politiker üblich, sich zu parlamentarischen Frühstücken oder Abendessen einladen lassen. Doch statt Grenzen festzulegen, haben sich Parlamentarier dafür entschieden, dass so etwas legal bleibt.
Ein unbrauchbares Gesetz?
Nach Ansicht von Hans Christoph Schaefer wird es zudem kaum möglich sein, einen Parlamentarier wegen Bestechlichkeit zu überführen. Denn laut Gesetzestext ist Bestechung nur strafbar, wenn sie "im Auftrag und auf Weisung" geschieht. Das bedeutet, es muss eine Art schriftliche Quittung geben, die belegt, dass der Abgeordnete sich hat bestechen lassen. Für Gregor Hackmack von Abgeordnetenwatch ist das Gesetz damit unbrauchbar: "Das wird in der Praxis nie passieren. Kein Abgeordneter ist so dumm, irgendetwas zu unterschreiben, was dann nachher vor Gericht gegen ihn verwandt werden kann."
Politiker haben kein Vertrauen in den Rechtsstaat
Die Parlamentarier halten das Gesetz trotz dieser Schwächen für gelungen. Hans-Peter Uhl, CSU, verteidigt sich: "Es ist sehr schwierig für so eine anspruchsvolle Tätigkeit wie das freie Mandat eines Abgeordneten ein Gesetz zu formulieren." Einige Parlamentarier haben sich offenbar für ein solch schwaches Gesetz entschieden, weil sie den deutschen Staatsanwälten misstrauen. Die würden versuchen, Politiker zu jagen, Ermittlungsverfahren an die Medien verraten. Die Politiker wären dann schnell vorverurteilt. "Die Staatsanwälte wissen oft gar nicht, dass sie sich zu Totengräbern der Unschuldsvermutung machen", so Hans Peter Uhl. Ein wirkungsloses Gesetz - weil Politiker dem Rechtsstaat misstrauen. Bemerkenswert, dass sie das ausgerechnet entdecken, wenn es um sie selbst geht.