Privatisierung: Die zweifelhafte Rolle der Gutachter
Schulen, in denen es durchs Dach regnet. Schwimmbäder, in denen sich die Kacheln lösen. Straßen, die nur notdürftig geflickt werden: In vielen Orten verfällt die öffentliche Infrastruktur, denn vielen Kommunen fehlt schlicht das Geld, um den Sanierungsstau aufzulösen. Doch inzwischen meinen immer mehr Kämmerer, einen Ausweg aus dieser Situation zu kennen: Public-Private-Partnership, kurz PPP. Bei diesen öffentlich-privaten Projekten finanziert ein privater Investor den Bau vor und übernimmt typischerweise über zwei bis drei Jahrzehnte den Betrieb. Damit könne nicht nur schneller gebaut werden, das Ganze käme den Steuerzahler auch noch günstiger, versprechen die Befürworter.
Am Ende kommt es oft teurer
Doch tatsächlich entpuppt sich die vermeintliche Zauberformel PPP immer wieder als besonders teure Lösung, nämlich dann, wenn die Rechnungshöfe von Bund und Ländern die Projekte genauer unter die Lupe nehmen. In einem gemeinsamen, 81 Seiten starken Bericht fassten sie ihre Prüfungen der Wirtschaftlichkeit von PPP-Projekten zusammen. Das Resultat: Die Effizienzvorteile seien "häufig zu hoch ermittelt oder nicht schlüssig nachgewiesen". Mit anderen Worten: Es wird künstlich billig gerechnet, was am Ende oft teurer kommt.
So etwa in Trier, wo die Stadt ihr Freibad sanieren ließ. Durch PPP zahlt sie laut Rechnungshof Rheinland-Pfalz nun 3,2 Mio. Euro mehr, statt, wie versprochen, 750.000 Euro zu sparen. Die Stadt wollte sich gegenüber Panorama dazu nicht äußern.
Wirtschaftlichkeitsgutachten von privaten Beratern
Doch wie kann es zu so etwas kommen? Für PPP-Projekte gibt es eine hohe Hürde: Ein Gutachter muss bestätigen, dass PPP wirtschaftlicher ist, als wenn der Staat selbst baut. Diese Wirtschaftlichkeitsgutachten werden nicht etwa von öffentlichen Einrichtungen erstellt, sondern von privaten Beratern. Wenn deren Gutachten zu dem Schluss gelangt, PPP sei günstiger, und die Kommune daraufhin die private Lösung wählt, benötigt sie weitere Beratung, etwa bei Ausschreibung, Vergabe und Controlling - ein starker Anreiz für die Gutachter, PPP zu bevorzugen, um völlig legal lukrative Folgeaufträge einzuheimsen.
Denn diese Beratungsleistungen würden in der Regel nicht anfallen, wenn der Staat selbst bauen würde. Für die Berater ein lohnendes Geschäft: In Trier etwa zahlte die Stadt der Beratungsgesellschaft PSPC anfänglich bloß 7.500 Euro. Durch Folgeaufträge kassierten die Berater, die Interview und Stellungnahmen ablehnten, dann aber 298.000 Euro. Keine Ausnahme. Bei PPP fallen regelmäßig sechs- bis siebenstellige Honorare an, so die Rechnungshöfe.
Stellschrauben für die Prognosen
Den Gutachtern stehen bei ihren Prognosen etliche Stellschrauben zur Verfügung: Mal berechnen sie sparsame Wasserhähne nur in der privaten Lösung, wie in Kitas und Schulen passiert. Mal verkleinern sie einfach die Wasserfläche wie bei einem Schwimmbad. Oder sie setzen die Kosten für Architekten und Ingenieure für den Staat völlig überhöht an, wie bei einer Schule.
"Der Interessenkonflikt ist offenkundig", sagt Professor Holger Mühlenkamp von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer im Interview. Ein Berater, der zu dem Ergebnis komme, PPP sei unwirtschaftlich, "würde sein eigenes Geschäftsmodell unterminieren". Etwas, das kaum ein Gutachter tut.