Sendedatum: 28.04.2011 21:45 Uhr

Maschmeyer bestreitet anonyme Parteispende

Im Nachrichtenmagazin Spiegel hat AWD-Gründer Carsten Maschmeyer einen Panorama-Bericht dementiert, der ihn beschuldigte, im Bundestagswahlkampf 1998 eine teure Anzeige für den damaligen Kandidaten Gerhard Schröder direkt oder über einen Mittelsmann bezahlt zu haben. "Ich habe niemals direkt oder indirekt an Herrn Prümm oder die Initiative Mittelstand 150.000 Mark für eine Anzeigenkampagne im Wahlkampf bezahlt", so Maschmeyer gegenüber dem Magazin.

Das Gegenteil jedoch legen Dokumente nahe, die Panorama in der vergangenen Woche veröffentlicht hat. Danach hatte Maschmeyer im Sommer 1998 dem damaligen Redaktionsdirektor des Branchendienstes "markt intern", Axel Prümm, 150.000 DM in Aussicht gestellt, die der Wahlkampfinitiative "Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder" zukommen sollten. Dem Schreiben nach sollte die Spende über den Verlag "markt intern" als Clearingstelle abgewickelt werden, da Maschmeyer anonym bleiben wollte.

 

VIDEO: Schröder: Verbotene Parteispenden (8 Min)

Bettina Raddatz, eine leitende Beamtin der Staatskanzlei, die auch schon 1998 dort an führender Position tätig war, hatte auf Vorhalt die Vorgänge und die Echtheit der Dokumente bestätigt. Kurz vor der Bundestagswahl 1998 seien von den 150.000 DM ganzseitige Wahlkampfanzeigen der Initiative "Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder" in "FAZ, "Welt" und "Welt am Sonntag" geschaltet worden. Im Mai 1999 wurde Maschmeyer vom damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski zu einem Dankesessen für die Unterstützer der Wahlkampfinitiative "Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder" eingeladen. Maschmeyer nahm teil und bedankte sich später schriftlich für den "angenehmen Abend".

Raddatz selbst hatte Panorama gegenüber eingestanden, maßgeblich an den Aktionen beteiligt gewesen zu sein und müsse heute zugeben, aus Begeisterung für Schröders Kurs "über das Ziel hinausgeschossen" zu sein. Wenn Frank-Walter Steinmeier - wie in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber Panorama - heute allerdings so tue, als hätten einzelne Mitarbeiter der Staatskanzlei allenfalls außerhalb der Dienstzeit und privat Wahlkampf für Schröder gemacht, werde er durch die "Aktenlage" widerlegt, so Raddatz. Ihre Erlebnisse mit Spitzenpolitikern aller Parteien verarbeitete sie als Schriftstellerin in Romanen. Interview-Anfragen lehnten Maschmeyer, Schröder und Steinmeier ab.

Zweite großzügige Spende für Schröder

Bekannt war zuvor bereits, dass Maschmeyer am Ende des Landtagswahlkampfes 1998 für 650.000 DM eine Großanzeige für den damaligen Ministerpräsidenten Schröder geschaltet hatte. Dessen Sieg war dermaßen fulminant, dass er damit gleichsam automatisch SPD-Kanzlerkandidat wurde und seinen "linken" Rivalen Oskar Lafontaine aus dem Rennen warf. Maschmeyer gab später zu, genau das gewollt zu haben.

Frank-Walter Steinmeier, dessen Zeichnungskürzel sich auf den Dokumenten findet, schrieb Panorama: "Ob überhaupt, von wem und an welchen Empfänger Geld überwiesen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis." Carsten Maschmeyer teilte mit, er könne sich an einen solchen Vorgang nicht erinnern. Eine Prüfung der Finanzkonten sei ergebnislos verlaufen.

Verfassungswidriges Verhalten

Schröders Kanzler-Wahlkampf 1998 wurde darüber hinaus auch aus der niedersächsischen Staatskanzlei heraus geplant und organisiert, was nach Einschätzung des renommierten Düsseldorfer Verfassungsrechtlers Prof. Martin Morlok "eindeutig verfassungswidrig" war. Der damalige Chef der Staatskanzlei und heutige Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, wusste offensichtlich von diesen verfassungswidrigen Aktionen und billigte sie. Das belegen seine Zeichnungskürzel auf diversen Schriftstücken aus der Staatskanzlei Hannover, die Panorama vorliegen. Auf Anfrage teilte Steinmeier schriftlich mit, dass etwaige politische Aktivitäten "außerhalb der dienstlichen Verantwortung dieser Mitarbeiter erfolgten".

Weitere Informationen

Die Dokumente zur Parteispende

Die Beteiligten an der Spendenaffäre mauern. Panorama präsentiert die vorliegenden Original-Dokumente, die ihre eigene Sprache sprechen. mehr

Schröder in verbotene Parteispende verwickelt

Das Manuskript des Panorama-Beitrags vom 28. April 2011 als PDF-Dokument zum Download. Download (105 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 28.04.2011 | 21:45 Uhr

Über Panorama

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr

Anja Reschke © Thomas & Thomas Foto: Thomas Lueders

60 Jahre Panorama

60 Jahre investigativ - unbequem - unabhängig: Panorama ist das älteste Politik-Magazin im deutschen Fernsehen. mehr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Panorama History Channel

Beiträge nach Themen sortiert und von der Redaktion kuratiert: Der direkte Einstieg in 60 Jahre politische Geschichte. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?