Stand: 17.11.2012 15:05 Uhr

Zschäpe-Anwalt: Mittäterschaft nicht erwiesen

von Christian Fuchs, John Goetz, Anke Hunold und Anna Orth

Der Anwalt der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, bestreitet die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft, wonach Zschäpe Mittäterin bei den Verbrechen des NSU war. In einem Interview für den Norddeutschen Rundfunk/Panorama sagte Heer: "Wir halten schon jetzt die Hypothese der Bundesanwaltschaft, Frau Zschäpe sei Mittäterin, für äußerst gewagt und gehen davon aus, dass diese Hypothese nicht bestätigt werden wird."

VIDEO: Neue Videoaufnahmen von Beate Zschäpe (1 Min)

"Zschäpe war an keinem Tatort zugegen"

In dem Interview, das in Ausschnitten am Samstag, 17.11.2012, in den Tagesthemen gesendet wird, bestreitet Heer außerdem, dass sich seine Mandantin in der Nähe der Tatorte aufgehalten habe. "Nach unseren Informationen war Beate Zschäpe an keinem Tatort und auch nicht in der Nähe des Tatortes zugegen." Damit widerspricht Heer der Darstellung der Bundesanwaltschaft und Medienberichten. Laut Anklage der Bundesanwaltschaft wurde Beate Zschäpe 2005 am Tag des Mordes an Ismail Yasar in Nürnberg von einer Zeugin in unmittelbarer Nähe des Tatortes gesehen. Heer: "Wir kennen diese Zeugenaussage. Diese Zeugin hat erstmals 2005 ausgesagt. Sie hatte damals bekundet, zwei Männer wahrgenommen zu haben, zu einer Frau hat sie nichts Besonderes erwähnt. Sie hatte eine Frau überhaupt nicht genannt in der ersten Vernehmung. Dann wurde sie nachvernommen von der Bundesanwaltschaft. Und hat in einer Videosequenz die Mandantin erkannt. Die Mandantin ist inzwischen äußerst bekannt durch die Medien und wir gehen daher davon aus, dass da überhaupt kein Beweiswert vorhanden ist." Heer kündigte an, seiner Mandantin zu raten, weiterhin "keine Angaben zur Sache zu machen", also zu schweigen.

NDR zeigt Gegenüberstellungs-Video

Das Bundeskriminalamt hat bei den Ermittlungen gegen Beate Zschäpe auch Video-Aufnahmen der Beschuldigten eingesetzt. Die Bewegtbilder, die dem Norddeutschen Rundfunk vorliegen, zeigen Zschäpe in einer Art Gegenüberstellung, mutmaßlich um sie möglichen Zeugen vorspielen zu können. Der Film zeigt mehrere Minuten lang neben sieben anderen Vergleichspersonen auch das letzte überlebende Mitglied des NSU in verschiedenen Einstellungen. Sie ist mit verschiedenen Frisuren sowie mit und ohne Brille zu sehen. Der Norddeutsche Rundfunk zeigt auf panorama.de die ersten Filmaufnahmen von Beate Zschäpe seit über vierzehn Jahren. "Üblicherweise wird so was mit einer Wahllichtbildvorlage, also mit Fotos gemacht. Ich habe es hier selbst zum ersten Mal erlebt, dass eine Videogegenüberstellung erfolgt ist. Aber wir gehen davon aus, dass der Beweiswert gegen Null tendiert", sagte Heer in Bezug auf die Identifizierung Zschäpes in der Nähe des Nürnberger Tatortes.

Beate Zschäpe wird als Mitglied der Terrorbande "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) angeklagt. Ihr wird vorgeworfen, als Teil der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" zwischen 1998 und 2011 als "gleichberechtiges Mitglied" an der Planung von zehn Morden, zwei Bombenanschlägen und 15 Raubüberfällen beteiligt gewesen zu sein.

Ausschnitte des Videos und von dem Interview mit Wolfgang Heer sind in den ARD-Tagesthemen (17.11.2012) zu sehen.

 

Weitere Informationen
Eltern Böhnhardt © Panorama

"Das kann man nicht verzeihen"

Das Interview mit den Eltern des Zwickauer Terroristen Böhnhardt - über seinen Tod und den Schock der Erkenntnis, dass er wohl als brauner Terrorist mordend durch Deutschland zog. mehr

Anhänger der rechtsextremen Szene stehen während einer Kundgebung von rund 1000 Neonazis vor dem Wincklerbad in Bad Nenndorf bei Hannover. © picture-alliance/dpa Foto: Bernd von Jutrczenka

Das Nazi-Netzwerk hinter dem Terror-Trio

Obwohl ideologisch gefestigt, gefährlich kreativ und gut organisiert, hinterließ das Terror-Trio zahlreiche Spuren und Hinweise auf ihr Unterstützernetzwerk. mehr

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 04.04.2013 | 21:45 Uhr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Das Panorama-Archiv

Alle Panorama-Beiträge seit 1961: Stöbern im Archiv nach Jahreszahlen oder mit der Suchfunktion. mehr

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?