Rot-Grün macht Kasse
Gerhard Schröder arbeitet für Gazprom, Joschka Fischer für die Konkurrenz. Es gibt gleich eine ganze Reihe rot-grüner Ex-Politiker, die ihre alten Berührungsängste lukrativ überwunden haben – mit teilweise bizarren Wandlungen.
"Das ist für viele einfache Menschen eine bittere Enttäuschung. Man fühlt sich alleingelassen, verraten und das Vertrauen missbraucht." So der Kommentar des renommierten Göttinger Parteienforschers Prof. Franz Walter zum Seitenwechsel führender Vertreter von SPD und Grünen. Gerhard Schröder und Joschka Fischer waren angetreten, mit ihrem rot-grünen Projekt auch neue moralische Maßstäbe in Deutschland zu setzen.
Zumindest in einem sind sie nicht anders als ihre schwarz-gelben Vorgänger und Nachfolger, vielleicht sogar noch perfekter: Wenn nach Amt und Mandat lukrative Jobs in Wirtschaft oder Lobbyismus winken, schlagen sie ein, und wenn sie dafür auch frühere Überzeugungen über Bord werfen müssen.
"Rot-Grün macht Kasse" - so der Titel der Reportage von ARD-exclusiv. Gerhard Schröder hat sich nicht nur gleich nach dem Kanzleramt für die deutsch-russischen Erdgas-Pipeline engagiert; er wurde auch hoch dotierter Berater, erzielt als Redner Spitzengagen und ist seit zwei Jahren "independent director" bei TNK-BP, dem drittgrößten Erdöl-Konzern in Russland. Auf jährlich 200.000,-- Euro allein für diesen Job wird seine Bezahlung geschätzt. Aber er behauptet, er kenne das größte Fördergebiet des Konzerns nicht: Samotlor in West-Sibirien, wo die Ölförderung schreckliche ökologische Verwüstungen angerichtet hat.
Joschka Fischer, früher Vorzeige-Grüner, adelt heute als Berater die Autoindustrie, Siemens und RWE. Marianne Tritz, ebenfalls Grüne der ersten Stunde, war in der Anti-Atombewegung aktiv und ist heute Cheflobbyistin der Zigarettenindustrie. Otto Schily machte sich für den biometrischen Pass stark und engagierte sich nach seinem Abgang aus dem Ministerium ausgerechnet bei einem Unternehmen, das in die Herstellung solcher Pässe involviert war.
Er war der einzige, der sich einem Interview stellte. Sein Credo aber könnte für alle gelten: "Ich bin mit mir völlig im Reinen." Christoph Lütgert und sein Team durchleuchten das rot-grüne Business-Geflecht und müssen feststellen: Die Nähe von Politik und Wirtschaft war selten größer.