Rente: Zwangsversicherung für Selbständige?
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will Altersarmut bekämpfen. Ihre Pläne sehen dabei unter anderem vor, Selbständige ohne private Altersvorsorge zwangsweise in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. Panorama hatte im Februar darüber berichtet, dass Selbständige immer häufiger von Altersarmut betroffen sind, weil das alte Rentensystem der Realität der neuen Arbeitswelt nicht gerecht wird.
Doch nun regt sich von Seiten junger Selbständiger Widerstand gegen die Pläne der Ministerin: Eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag gegen von der Leyens Gesetzentwurf hat bereits innerhalb weniger Wochen fast 50.000 Unterschriften gesammelt. Im Interview mit "jetzt.de" - dem Jugendportal der "Süddeutschen Zeitung" - erklärte der Verfasser der Petition, Tim Wessels, warum er gegen eine Pflichtversicherung ist: Der 27-jährige Unternehmer kritisiert vor allem, dass von der Leyens Modell eine einkommensunabhängige Abgabe von ca. 400 Euro im Monat vorsieht. Das sei "besonders für jüngere Menschen problematisch", und für viele seien die Pläne schlicht "existenzgefährdend", weil sie den Betrag einfach nicht aufbringen können. Mit Hartz IV in der Gegenwart statt Armut im Alter sei aber niemandem geholfen.
Auch der rentenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, glaubt, dass der Betrag "viele überfordern" und somit "das Ende der Selbständigkeit bedeuten" werde. Statt "einem Einheitsbeitrag" fordert er "Beiträge in Abhängigkeit vom Erwerbseinkommen".
Keine Detailkenntnisse vorhanden?
Kritik schlägt der Ministerin derzeit auch von anderer Seite entgegen: Da sie die Vorsorgepflicht für Arbeitnehmer schnell einführen will, möglichst sogar noch 2013, hat sie die Beratungsgesellschaft McKinsey beauftragt, eine sogenannte Machbarkeitsstudie zu erstellen. Dabei sollen die Berater laut "Süddeutscher Zeitung" für gut eine Million Euro prüfen, wie das Vorhaben möglichst rasch und kostenschonend umgesetzt werden kann. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Elke Ferner, hält es für "nicht nachvollziehbar", warum McKinsey und nicht die Deutsche Rentenversicherung (DRV) selbst damit beauftragt worden sei. Laut dem Ministerium habe die DRV "keine umfassende Expertise" und auch im eigenen Haus seien "Kenntnisse im Detail nicht vorhanden".
Deutsche Rentenversicherung kritisierte Ministeriumspläne zuletzt scharf
Ein anderer Grund für die Erteilung des Auftrags an McKinsey könnte allerdings auch sein, dass die DRV von der Leyens Pläne gegen Altersarmut insgesamt zuletzt scharf kritisiert hatte: Die Regelungen seien "in ihrer Zielsetzung unklar, in ihren Auswirkungen nicht zielgenau und hinsichtlich der Finanzierung nicht systemgerecht", hieß es einer Stellungnahme der Behörde, die der "Rheinischen Post" vorliegt. Die Rentenversicherung fällte dabei über ein weiteres Projekt der Ministerin - die so genannte Zuschussrente für Geringverdiener - ein vernichtendes Urteil: "Im Ergebnis greift das Instrument der Zuschussrente umso weniger, je größer das Risiko ist, im Alter arm zu werden." Das Vorhaben sei somit "unwirksam", außerdem halte man "einen Start zum 1.Januar 2013 für kaum möglich". Nicht gerade das, was man sich für die eigenen Pläne wünscht, wenn man Machbarkeitsstudien in Auftrag gibt.