Stand: 20.06.2012 18:05 Uhr

Razzia gegen Neonazis: "Unsterbliche" am Ende?

Das rechtsextreme Netzwerk "Spreelichter", das hinter den so genannten "Unsterblichen" stecken soll, wurde am Dienstag von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verboten. Zeitgleich durchsuchten rund 260 Polizisten die Wohnungen von 27 Beschuldigten in Brandenburg und Sachsen. Die "Spreelichter", die sich selbst als "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" bezeichnen, wurden vor allem als Organisatoren von nächtlichen Fackelmärschen bekannt, bei denen alle Teilnehmer weiße Masken trugen. Panorama hatte 2011 frühzeitig über diesen Nazi-Spuk berichtet.

"Wir sind keine Demokraten. Na und?"

Zahlreiche polizeilich sichergestellte Beweismittel der rechtsextremen Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" am 19.06.2012 im Brandenburger Innenministerium in Potsdam. © dpa / picture-alliance Foto: Nestor Bachmann
Sichergestellte Masken und Transparente der "Spreelichter" mit eindeutigen Parolen.

"Unsterblich" nannten sich die Masken-Nazis im Rebellenkostüm, weil das deutsche Volk ihrer Meinung nach am Aussterben sei: "Die Demokraten bringen uns den Volkstod", lautete eine ihrer Parolen. Vermutlich bis zu 200 Teilnehmer zogen bei ihren braunen Umzügen mit Fackeln durch kleine Ortschaften und verschwanden wieder - oft bevor die Polizei genügend Kräfte vor Ort hatten. Mithilfe von Schnitttechnik und Bildbearbeitung wurden die Aufmärsche dann als Internet-Videos aufwendig inszeniert. Die neue Aktionsform nutzten die Neonazis, um sich als "Widerstandskämpfer gegen das System" zu inszenieren und ihrer Botschaft einen modernen Anstrich zu geben. Auch vermeintlich poppige Parolen wie "Wir sind keine Demokraten. Na und?" zielten auf jugendliche Rebellion. Seit gestern heißt es auf der Internet-Seite der "Spreelichter" nun nur noch lapidar: "Wir sind verboten. Na und?".

Professionelle Videos und elitärer Führungsanspruch

Umstritten ist unter Rechtsextremismus-Experten, wie einflussreich die Gruppe tatsächlich war. Der vermutliche Kopf der Gruppe, der 30-jährige Marcel Forstmeier aus Lübbenau, wurde von Kennern der Szene jedenfalls häufig als "zu elitär" eingestuft, um Breitenwirkung zu entfalten. Nach Informationen des brandenburgischen Verfassungsschutzes soll Forstmeier, der von Beruf Informatiker ist, seit Jahren verschiedene Neonazi-Webseiten technisch und inhaltlich betreuen. Sicher ist, dass die professionell und bombastisch in Szene gesetzten Videos viel mediales Aufsehen erregten - und damit maßgeblich zur Bekanntheit der "Spreelichter" beitrugen.

Die Ermittler stellten am Dienstag kistenweise Propagandamaterial sicher, auch Computer, Transparente mit Aufschriften wie "Freiheit statt Demokratie" und einige Waffen wurden beschlagnahmt. Innenminister Woidke begründete das Verbot damit, dass "die Vereinigung eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus" aufweise und sich "durch ein aktiv-kämpferisches Vorgehen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" auszeichne. Viele Mitglieder hätten zahlreiche Straftaten begangen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit seien zentrale Motive der Gruppe.

 

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