Stand: 14.06.2018 15:43 Uhr

Neue gefährliche Superkeime entdeckt

von Christian Baars, Oda Lambrecht
Mehrere Agarplatten mit Bakterienkulturen. © dpa Foto: Hendrik Schmidt
Die wachsende Zahl von multiresistente Bakterien ist eine weltweite Gefahr.

Weltweit schlagen Forscher Alarm. Denn immer häufiger werden extrem resistente Bakterien entdeckt - also Keime, gegen die fast alle zur Verfügung stehenden Antibiotika nicht mehr wirken. In den USA haben Wissenschaftler nun bei einem Patienten Bakterien gefunden, die nicht nur extrem resistent sind, sondern zudem auch "hypervirulent". Das bedeutet, dass diese Keime besonders starke Infektionen auslösen und sich zudem schnell ausbreiten können.

 

"Immer alarmierender"

"Das Problem der Antibiotikaresistenzen wird immer alarmierender", sagt David Weiss, Direktor des Emory Antibiotic Resistance Center in Atlanta. Dort haben die Forscher den gefährlichen Keim entdeckt. Die Kombination aus erhöhter Virulenz und Multi-Resistenz verschlimmere die Situation, so Weiss.

Bei den entdeckten Bakterien handelt es sich um sogenannte Klebsiella pneumoniae. "Bis vor kurzem kannten wir eigentlich nur Bakterien dieser Art, die entweder multi-resistent sind oder hypervirulent, aber nicht beides zusammen", sagt Guido Werner, medizinischer Mikrobiologe am Robert-Koch-Institut. Das Bedrohliche an diesen Keimen sei, dass sie nicht nur für vorerkrankte Menschen, sondern auch für eigentlich Gesunde gefährlich werden können.

Das erste Mal wurden solche Keime 2016 in einem chinesischen Krankenhaus entdeckt. Fünf Menschen hatten sich dort infiziert, sie alle starben innerhalb kurzer Zeit an einer Lungenentzündung ausgelöst durch die Bakterien.

Ähnliche Keime auch in Deutschland nachgewiesen

Daraufhin haben Wissenschaftler - unter anderem vom Robert-Koch-Institut - ähnliche Keime, die in Deutschland in den vergangenen Jahren von Laboren gesammelt wurden, genauer untersucht. Dabei haben sie ebenfalls einen Keim vom Typ Klebsiella pneumoniae nachgewiesen, der gegen viele Antibiotika resistent ist und besonders gefährlich zu sein scheint. "Die Kombination von Hypervirulenz und Resistenz gegen Reserve-Medikamente ist äußerst besorgniserregend", schreiben die Forscher.

Resistenz gegen besonders wichtiges Antibiotikum

Küken in einem Stall an einer Tränke.
Hühner bekommen häufig Colistin. Es wird dann in großen Mengen über die Tränken verabreicht.

Als besonders bedrohlich beschreibt der US-Forscher David Weiss die nun bei ihm im Labor entdeckten Bakterien, weil sie auch gegen das Antibiotikum Colistin resistent sind. Das Mittel gilt laut Weltgesundheitsorganisation WHO als besonders wichtiges Reservemedikament. Wie die Resistenz gegen das Mittel in diesem Fall entstanden ist, ist unklar. Generell wird Colistin jedoch bei Menschen nur äußerst selten eingesetzt - nämlich nur dann, wenn alle gängigen Antibiotika nicht anschlagen.

In der Tiermast dagegen wird das Antibiotikum trotz massiver Kritik weltweit weiter in großen Mengen verwendet. Auch in Deutschland ist der Einsatz von Colistin in Ställen nicht verboten, wie Panorama berichtete.

Resistenzen können sich schnell verbreiten

Das Problem ist: Je häufiger ein bestimmtes Mittel eingesetzt wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass Bakterien Abwehrmechanismen dagegen entwickeln. Und wenn Resistenzen gegen Antibiotika erst einmal irgendwo entstanden sind, können sie sich schnell ausbreiten. Bakterien "speichern" die Abwehreigenschaften in ihren Genen und können sie so an nachfolgende Generationen vererben. Bakterien sind zudem in der Lage, bestimmte genetische Elemente untereinander auszutauschen. So können auch Resistenzen von einem Bakterium zu anderen weitergereicht werden.

NDR Reporter nehmen Proben an einer Badestelle an der Thülsfelder Talsperre. © NDR
In Proben aus niedersächsischen Gewässern wurden gefährliche Reistenzen nachgewiesen.

Eines dieser mobilen Elemente ist das sogenannte mcr-1-Gen, das Keime gegen das Reservemittel Colistin resistent macht. Es wurde erst vor wenigen Jahren in China entdeckt, scheint sich aber weltweit rasant auszubreiten. Gerade erst wurde es in mehreren niedersächsischen Gewässern nachgewiesen. Reporter der NDR-Sendung Panorama - die Reporter hatten Proben genommen und von Wissenschaftlern der Universität Dresden und des Universitätsklilnkums Gießen untersuchen lassen.

 

Alarmierende Funde in Niedersachsen

Experten, unter anderem vom Robert-Koch-Institut, sprachen deshalb von alarmierenden Funden. Denn je mehr verschiedene Resistenzen vorhanden sind, desto größer ist das Risiko, dass sich möglicherweise Keime ausbreiten, die schwere Krankheiten auslösen können und gegen die kein Mittel mehr wirkt.

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