Missbilligung für Lokaljournalisten
Die Kleinstadt Walsrode gilt als Hochburg der Hells Angels, einer Gruppe, die immer wieder mit der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht wird. Rund 360 Ermittlungsverfahren eröffnet die Staatsanwaltschaft jährlich gegen Rocker.
Doch daran störte sich in dem niedersächsischen Städtchen lange keiner. Man profitierte von den Herren in Lederwesten: Wolfgang Heer, Schatzmeister des Rockervereins, ist als Besitzer des örtlichen Bordells, einer Bowlingbahn sowie einer Sicherheitsfirma nicht nur Arbeitgeber, sondern auch angesehener Bürger. Spendet er doch monatlich ans Rote Kreuz, Aktion Mensch und andere. Und jährlich bezuschusst er den Walsroder Weihnachtsmarkt. Lediglich Detlef Gieseke, Ratsherr der Grünen, verlangte, dass die Gemeinde einen Trennungsstrich zu den Hells Angels zieht.
Wie weit der Klüngel in der Kleinstadt offenbar reicht, zeigt die Missbilligung des Presserats für die Walsroder Zeitung. Das Blatt habe einen Anführer der Hells Angels mit Vorwürfen gegen einen Grünen-Politiker zitiert, ohne dass dieser selbst zu Wort kommen durfte: "Es ist mit der journalistischen Sorgfaltspflicht unvereinbar, dass die Redaktion die Aussage eines Hells Angels veröffentlicht, dass auch der Ratsherr der Grünen für den Bürgermeisterwahlkampf eine Geldspende der Gruppe angenommen habe. Hier hätte die Zeitung den Betroffenen selbst zu Wort kommen lassen müssen."
Laut Deutschlandfunk mochte die Walsroder Zeitung dazu bisher nicht Stellung nehmen. Auch die Frage, ob die Entscheidung - wie vom Presserat empfohlen - den Lesern in der Zeitung mitgeteilt werde, blieb unbeantwortet.