Klientin geht auf Distanz zu "Kündigungsanwalt"
Anwälte und Detektive, mit deren Hilfe Arbeitgeber unliebsame Betriebsräte loswerden wollen - darüber hatten NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung (SZ) am 03. Juli in der Dokumentation "Die Rausschmeißer" ausführlich berichtet. Im Mittelpunkt standen der Rechtsanwalt Helmut Naujoks und ein Detektiv, der über üble Praktiken ausgepackt hat. Nun hat sich mit Carolin Reifschneider eine ehemalige Auftraggeberin der beiden zur Wort gemeldet. Die Leiterin eines Alten- und Pflegeheims im hessischen Bad Nauheim distanzierte sich in einer schriftlichen Erklärung: "Versäumnisse meinerseits in dieser Angelegenheit will ich gar nicht verleugnen. Für diese Versäumnisse möchte ich mich bei allen beteiligen Mitarbeitern in aller Form entschuldigen."
Sekt-Falle und erfundene Körperverletzung
Eine der beiden beteiligten Mitarbeiterinnen des Altenheims ist Ernestine Cornella. Im Jahr 2012 stellten Detektive der damaligen Betriebsrätin in der Nachtschicht eine Falle: "Wir haben an meinem offiziell letzten Arbeitstag den Alkohol mitgebracht und gesagt, am Ende stoßen wir mit einem Glas Sekt an. Zudem haben wir auch behauptet, es wäre angeblich mein Geburtstag", gab einer der Detektive zu. Kurz nachdem er den Alkohol ausgepackt hatte, stand die Heimleitung im Pausenraum. Eine getimte Aktion, sagt der Detektiv heute.
Die zweite Betriebsrätin versuchten seine Kollegen so zu provozieren, dass sie einen der Männer ins Gesicht schlägt. Das habe nicht geklappt, stattdessen schlugen die Detektive sich gegenseitig, um den Vorfall anschließend der Betriebsrätin anzuhängen. Beide Frauen erfuhren erst durch die Recherchen, wie ihnen mitgespielt wurde. "Ich bin platt, das ist unter aller Sau. Entschuldigen sie meine Ausdrucksweise, aber was die mit uns gemacht haben, ist einfach nicht richtig", sagte Ernestine Cornella. Beiden drohte lange die Kündigung, bis ihre Wiederwahl in den Betriebsrat scheiterte.
Heimleiterin gibt Fehler zu
Die Recherchen von NDR, WDR und SZ brachten zudem Indizien zu Tage, dass das Altenheim den selbsternannten Arbeitgeberanwalt Helmut Naujoks eingeschaltet hatte. Diese Zusammenarbeit mit Naujocks bestätigte Betreiberin Carolin Reifschneider nun: "Ich gebe allerdings zu, dass die Vorgehensweise der von Herrn Naujoks empfohlenen und beauftragten Dienstleister sich im Nachhinein als zumindest fragwürdig dargestellt hat." Mit Dienstleistern meint sie die Firmen, welche die Detektive eingeschleust haben. Deren Engagement sei ein ausdrücklicher Wunsch von Naujoks gewesen, ergänzte Reifschneider. Eine Anfrage dazu ließ der Anwalt unbeantwortet. Zuvor hatte er allgemein erklärt, dass er nicht Auftraggeber und Ansprechpartner von Detektiven gewesen sei.
Die Altenheimbetreiberin ist nicht die erste ehemalige Mandantin, die sich im Zuge der Recherchen von Anwalt Naujoks distanziert. Auch ein Auto-Zulieferer aus Baden-Württemberg bewertet die Zusammenarbeit inzwischen kritisch. Der heutige Geschäftsführer der Firma, Roger Breu, spricht von einer Grenzüberschreitung: "Das war natürlich ein Schaden. Es hatte keinen Erfolg und den Konflikt weiter eskaliert."
Helmut Naujoks, der selbsternannte Arbeitgeberanwalt, scheint an Rückhalt zu verlieren - bei Arbeitgebern, die ihn einst engagiert hatten.