Haftstrafen für Cyberbunker-Betreiber

Stand: 19.10.2020 16:02 Uhr

Das Gericht spricht die Angeklagten schuldig, ein illegales Rechenzentrum für kriminelle Geschäfte im Darknet betrieben zu haben.

Die Betreiber des Cyberbunkers im rheinland-pfälzischen Traben-Trarbach sind am Montag zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht Trier sah es als erwiesen an, dass die acht Tatverdächtigen in einem ehemaligen Bundeswehrbunker ein geheimes Daten- und Rechenzentrum für kriminelle Geschäfte betrieben hatten.

VIDEO: Der Cyberbunker: Verbrechen aus der Provinz (29 Min)

Haftstrafen für alle Angeklagten

Die Beschuldigten bilden dem Gericht nach eine kriminelle Vereinigung. So wurde der Hauptangeklagte Herman X. zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Weitere sechs Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und vier Monaten sowie vier Jahren und drei Monaten. Die einjährige Haftstrafe des achten Beschuldigten wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Nach seiner Festnahme bestritt Herman X. gegenüber Panorama und "Spiegel" noch, von illegalen Inhalten auf seinen Servern gewusst zu haben. "Unsere Server müssen sie mit Bankschließfächern vergleichen. Kein Bankmitarbeiter prüft nach, was sich in den Schließfächern befindet." Des Weiteren schreibt er: "Wir hatten ein reines Gewissen." Alle im Datenzentrum seien im Glauben gewesen, legal und korrekt gehandelt zu haben. Das Gericht sah dies offensichtlich anders.

Knapp 250.000 Straftaten

Insgesamt ging es in dem Prozess um beinahe 250.000 Taten, wobei es sich in den meisten Fällen um Drogendelikte handelte. Etwa sechs Jahre lang soll Herman X. in dem Bunker zahlreiche illegale Webseiten gehostet haben. Laut Anklage sollen zu den Kunden des illegalen Serverzentrums unter anderem auch die Betreiber der inzwischen abgeschalteten großen Darknetmarktplätze "Wall Street Market" und "Fraudsters" gehört haben. "Wall Street Market" war eines der weltweit größten illegalen Marktplätze im Darknet und wurde 2019 von deutschen und US-amerikanischen Behörden geschlossen.

 

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Wenige Monate später wurde auch der sogenannte Cyberbunker ausgehoben. Der "Cyberbunker" beherbergte unter anderem auch Inhalte der völkisch-rechtsextremen "Identitären Bewegung". Dies ging aus umfangreichen Dokumentbeständen hervor, die NDR und "Spiegel" gemeinsam auswerten konnten. Ein Bunker-Mitarbeiter erklärte in einer Vernehmung, man habe in extremen Gruppierungen eine "Marktlücke" gesehen. Die Rechten hätten sogar einen besonders günstigen Preis von 30 Euro monatlich bekommen - andere Kunden zahlten für Dienste des "Cyberbunkers" offenbar mehrere hundert Euro.

Des weiteren soll im November 2016 vom Bunker aus ein groß angelegter Angriff auf Router der Deutschen Telekom gesteuert worden sein.

 

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