Prozessbeginn gegen Chefs des Cyberbunkers an der Mosel
Die Tatverdächtigen sollen über Jahre ein illegales Rechenzentrum für kriminelle Geschäfte im Darknet betrieben haben.
In Trier hat am Montag vor dem Landgericht der Prozess gegen acht mutmaßliche Betreiber eines sogenannten "Cyberbunkers" begonnen. Die Tatverdächtigen sollen über Jahre hinweg in einem alten Bunker an der Mosel ein illegales Rechenzentrum für kriminelle Geschäfte im Darknet betrieben haben. Panorama berichtete im Mai über den Fall, bei den es um Drogenhandel, Fälschungen, Hackerangriffe und Kinderpornografie geht. Auch die rechtsextreme"„Identitäre Bewegung" mietete einen Cloudserver im "Cyberbunker".
Illegale Webseiten und Drogenmarkt
Die Anklage wirft der mutmaßlichen Bande Beihilfe zu mehr als 249.000 Straftaten vor. Die unterirdische Anlage in Traben-Trarbach war im vergangenen Herbst nach jahrelangen Ermittlungen in einem Großeinsatz ausgehoben worden. Hunderte Server im "Cyberbunker" beherbergten nach Angaben der Behörden ausschließlich illegale Webseiten, unter anderem auch den weltweit zweitgrößten Darknet-Drogenmarkt "Wall Street Market".
Diese Seite diente als Plattform für digitale Deals und war ähnlich aufgebaut wie beispielsweise Amazon oder Ebay. Dort sollen Rauschmittel wie Cannabis, Ecstasy, Kokain und Heroin im Wert von mehr als 41 Millionen Euro verkauft worden sein. Ermittler zählen am Ende über eine Million Nutzer auf dem Drogenmarkt im Darknet.
"Server müssen sie mit Bankschließfächern vergleichen"
Angeklagt sind vier Niederländer, drei Deutsche und ein Bulgare im Alter von 21 bis 60 Jahren. Kopf der mutmaßlichen Bande war laut Anklage Herman X., der den Bunker 2013 erworben und ausgebaut hatte. Nach seiner Festnahme bestritt der 60-Jährige gegenüber NDR und "Spiegel", von illegalen Inhalten auf seinen Servern gewusst zu haben. "Unsere Server müssen sie mit Bankschließfächern vergleichen. Kein Bankmitarbeiter prüft nach, was sich in den Schließfächern befindet." Des Weiteren schreibt er: "Wir hatten ein reines Gewissen." Alle im Datenzentrum seien im Glauben gewesen, legal und korrekt gehandelt zu haben. Der Betrieb eines Rechenzentrums, das illegale Seiten hostet, ist grundsätzlich nicht strafbar.
Am ersten Prozesstag vor dem Landgericht sollte die gut 40-seitige Anklage verlesen werden. Zeugen sind nach Angaben des Gerichts noch keine geladen. Der Prozess begann unter hohen Sicherheitsvorkehrungen bei Corona-Bedingungen: Mit Plexiglas an einzelnen Sitzplätzen der Angeklagten, Verteidigern und Anklägern - sowie nur wenigen Plätzen im Zuschauerbereich. Der Prozess startete mit eineinhalb Stunden Verspätung, weil zunächst ein Schöffe fehlte.