Gerichtsgutachter: nicht ganz ergebnisoffen?
Der Vorbehalt gegen von Gerichten bestellte Gutachten wächst, nicht erst seit dem Fall Mollath. Offenbar zu Recht, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet: Gerichte signalisieren den Gutachtern häufig, welche Ergebnisse die Richter sich wünschen.
Um dieser Diskussion eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, wurde im November 2013 eine Studie zur "Begutachtungsmedizin in Deutschland am Beispiel Bayern" im Rahmen einer Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt (die genauen Zahlen im "Deutsches Ärzteblatt")
Das Ergebnis ist erschreckend: Etwa ein Viertel der 252 befragten Ärzte, Psychiater und Psychologen gab an, beim Gutachtenauftrag durch das Gericht eine Tendenz signalisiert bekommen zu haben.
Beauftragte Tendenzgutachten?
Dazu kommt, dass viele wirtschaftlich von den Gerichtsaufträgen abhängig sind: 29,2 Prozent der befragten Psychiater gaben an, mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus Gutachtertätigkeiten zu beziehen, bei den Psychologen waren es sogar 48,8 Prozent.
Und neben der Gefahr der Tendenzgutachten besteht eine weitere Misere im Gutachterwesen: In Deutschland darf sich jeder Gutachter nennen. Ein Gericht darf wegen der richterlichen Unabhängigkeit jeden zum Gutachter oder Sachverständigen ernennen, wie beispielsweise an Familiengerichten. "Wenn der Richter meint, seine Oma sei sachkundig und der Richter sie bestellt, dann ist sie sachkundig", so Elmar Bergmann, pensionierter Familienrichter.
Bundesweite, einheitliche Mindeststandards für Gutachten, beispielsweise an Familiengerichten, gibt es nicht. Studien belegen, dass die Qualität vieler dieser Gutachten ist ungeheuerlich schlecht ist. Die Auswirkungen für die Betroffenen können katastrophal sein - wie nicht zuletzt der Fall Mollath beweist.