Freikirchenbund empfiehlt Schwulenheilung
"In den vergangenen Jahren und auch 2018 haben wir - der Herr hat es uns ermöglicht - gemeinsam viel für Gottes Reich geschafft", heißt es auf der Homepage des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (FeG). Zum Erreichten zählt auch eine aktuelle "Orientierungshilfe" zum Umgang mit Homosexuellen in freien evangelischen Gemeinden. In dem Papier vom Dezember erklärt der Freikirchenverband Homosexualität für veränderbar und legt schwulen und lesbischen Menschen entsprechende Therapien nahe. Der Bund Freier evangelischer Gemeinden ist ein Zusammenschluss von knapp 500 bibeltreuen Gemeinden mit nach eigenen Angaben rund 41.000 Mitgliedern.
LSVD: "Homophober und gefährlicher Unfug"
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) kritisiert die Empfehlung scharf, Umpolungstherapien seien "homophober und gefährlicher Unfug". Sogenannte Konversionstherapien würden vor allem von religiös-fundamentalistischen Organisationen angeboten, so der LSVD, sie zielten - ausgehend von einer Abwertung von Homosexualität - auf eine Änderung von Sexualverhalten und sexueller Orientierung ab.
Freikirchenbund: "Homosexuelles Verhalten" nicht mit Bibel vereinbar
In der freikirchlichen Handreichung "Mit Spannungen umgehen" heißt es, "homosexuelles Verhalten" sei mit dem biblischen Leitbild nicht vereinbar. Dieses Leitbild beinhalte die lebenslange Ehe zwischen einem Mann und einer Frau sowie das Zusammenleben als Familie, erklärt der Freikirchenbund.
Dementsprechend legt die Verbandsleitung Homosexuellen in ihren Gemeinden zwei Lösungen nahe: Entweder sollten sie heterosexuell werden oder zumindest auf eine homosexuelle Partnerschaft verzichten.
"Veränderbarkeit der homosexuellen Orientierung" laut Gemeindebund möglich
Die FeG-Bundesleitung schreibt, wenn "homosexuell geprägte Menschen" zu dem Schluss gekommen seien, ihre "Prägung" als unveränderbar annehmen zu müssen oder zu wollen, bestehe die Herausforderung darin, auf die "Praktizierung dieser Prägung" zu verzichten und sexuell enthaltsam zu leben.
Doch der Freikirchenbund glaubt auch, bei manchen sei die "Veränderbarkeit der homosexuellen Orientierung" möglich. Auf Nachfrage nach wissenschaftlichen Belegen schreibt der FeG-Sprecher: "Uns sind vereinzelt Menschen bekannt, die eine Veränderung ihrer sexuellen Orientierung erfahren haben."
Freikirchenbund: Homosexuelle sollten sich therapeutischem Prozess stellen
Dabei verweist das Papier explizit auch auf Therapien: "Homosexuell geprägte Menschen, die den Versuch einer Veränderung ihrer sexuellen Orientierung anstreben, sollten sich einem professionell begleiteten therapeutischen Prozess stellen." Denn, so heißt es weiter, die Begleitung eines "solchen Veränderungsprozesses" erfordere spezielle Kompetenzen, die Seelsorgerinnen und Seelsorger ohne entsprechende professionelle therapeutische Ausbildung überfordere.
"Panorama - die Reporter" hatte 2014 mit der Reportage "Die Schwulenheiler" aufgedeckt, dass einige Ärzte und Therapeuten in Deutschland schwulen und lesbischen Menschen auch heute noch anbieten, ihre Homosexualität verändern und sie damit quasi heilen zu können.
Weltärztebund: Therapien sind unwirksam und potentiell gesundheitsschädlich
Zahlreiche renommierte wissenschaftliche Einrichtungen stuften solche Umpolungsangebote als gefährlich ein. Der Weltärztebund und die Bundesärztekammer erklärten etwa, dass Homosexualität keine Erkrankung sei und deshalb keinerlei Heilung bedürfe. Sie stellten fest, entsprechende Therapien seien nicht nur "unwirksam", sondern könnten sich sogar "negativ auf die Gesundheit" auswirken.
Auch die Bundesregierung erklärte, dass Homosexualität keine Erkrankung sei und deshalb keiner Behandlung bedürfe. Bei Angeboten von fragwürdigen "Therapien", die geeignet seien, Patienten zu schädigen, seien die Ärztekammern oder Approbationsbehörden gefordert, im Einzelfall berufsrechtliche Schritte einzuleiten.
Auf Nachfrage von Panorama, wie der bibeltreue Bund es vor diesem Hintergrund verantworten kann, solche Angebote trotzdem zu empfehlen, verweist der FeG-Sprecher lediglich darauf, dass man sich wie der Deutsche Ärztetag 2014 gegen jegliche Stigmatisierung, Pathologisierung oder Benachteiligung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierungen ausspreche.
Den Widerspruch, den diese Antwort offenbart, möchte der Bund Freier evangelischer Gemeinden offensichtlich nicht auflösen und schreibt auf erneute Nachfrage: "Die in der Orientierungshilfe gemachten Aussagen und Hinweise halten wir für ausreichend und möchten über den Wortlaut nicht hinausgehen."