Stand: 28.03.2011 14:39 Uhr

Das FDP-Desaster: Untergang im liberalen Stammland

Bereits im Januar hatte Panorama über eine Partei vor der Selbstauflösung berichtet. Diese scheint nun stattzufinden: Im liberalen Südwesten, einst Stammland der FDP, spielt die Partei künftig kaum noch eine Rolle. In Rheinland-Pfalz müssen die Liberalen ihr Dasein künftig in der außerparlamentarischen Opposition fristen, in Baden-Württemberg rettete man sich mit Mühe und Not in den Landtag. In der letzten Woche war die FDP bereits in Sachsen-Anhalt aus dem Landtag geflogen.

Keine "große Zuversicht" mehr

Dabei hatte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle gegenüber Panorama noch verkündet, er gehe mit großer Zuversicht in die Landtagswahlen. Nach dem desaströsen Abschneiden bei den Landtagswahlen fordert Generalsekretär Christian Lindner stattdessen nun Konsequenzen: Im "Deutschlandradio Kultur" sagte er, es müssten "personelle und politische Schlussfolgerungen" gezogen werden. Und der Fraktionschef der FDP in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, kündigte für die heutige Tagung des FDP-Bundesvorstandes eine "muntere Debatte" über die gesamte Führungsspitze an: "Der Fraktionsvorsitz ist komplett fehlbesetzt", sagte Kubicki dem "Hamburger Abendblatt". Fraktionschefin Birgit Homburger habe die "entscheidende Aufgabe, das Bild der FDP mitzuprägen, hundsmiserabel erfüllt".

Auch der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum fordert einen Personalwechsel an der Spitze: Westerwelle habe "seit einem Jahr alles versucht hat, den Abwärtstrend der FDP umzukehren", sagte Baum "Berliner Zeitung". Dies sei ihm nicht gelungen. Es müsse aber auch "eine Antwort auf die Personalie Rainer Brüderle gefunden werden", so Baum weiter. Brüderle, der zugleich Landesvorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz ist, hatte zuletzt laut einem Gesprächsprotokoll gegenüber Vertretern der Industrie das Atommoratorium der Regierung indirekt als Wahlkampfmanöver bezeichnet.

Westerwelle: "Geordneter Diskussionsprozess"

FDP-Chef Guido Westerwelle hat unterdessen unmittelbare personelle Konsequenzen aus dem Wahldesaster vom Sonntag zurückgewiesen: Er kündigte am Mittag nach Beratungen der Parteigremien einen "geordneten und überlegten Diskussionsprozess" zur Neuaufstellung der Liberalen bis zum Parteitag im Mai an. Persönliche Konsequenzen ließ er dabei ebenso offen wie alle anderen Personalfragen. Fraglich bleibt allerdings auch, wie die FDP den Neuanfang schaffen will. Denn in Panorama wurde auch deutlich: Nicht nur an der Spitze der Partei, sondern vor allem in vielen Landesverbänden geht es drunter und drüber. Dies hat sich nun eindrucksvoll bestätigt.

 

Weitere Informationen
Guido Westerwelle (FDP) © dpa Foto: Bodo Marks

FDP im Sinkflug: Kein Landeplatz in Sicht

In den Ländern wird besonders deutlich, dass es der FDP jenseits von Westerwelle an qualifiziertem Nachwuchs fehlt. Panorama über eine Partei vor der Selbstauflösung. mehr

FDP-Chef Guido Westerwelle hält eine Rede. © dpa Foto: Marijan Murat

FDP: Versprochen, gebrochen

"Mehr netto vom brutto", damit war die FDP in den Wahlkampf gezogen. Im ARD-DeutschlandTrend ist sie nun - vor allem wegen gebrochener Versprechen - unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht. mehr

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 20.01.2011 | 21:45 Uhr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Das Panorama-Archiv

Alle Panorama-Beiträge seit 1961: Stöbern im Archiv nach Jahreszahlen oder mit der Suchfunktion. mehr

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr