"Keine Kontrolle mehr über Waffen, wenn sie exportiert sind"
Jan van Aken (Die Linke) ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und des Unterausschusses für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung im Deutschen Bundestag. Mit Panorama spricht er über den illegalen Waffenexport der schleswig-holsteinischen Firma SIG Sauer. Sie hatte über ein amerikanisches Schwesterunternehmen Pistolen nach Kolumbien geliefert.
Wie bewerten Sie die Waffenlieferung nach Kolumbien?
Jan van Aken: Kleinwaffen, Revolver, Pistolen nach Kolumbien mitten in den Bürgerkrieg zu liefern, geht überhaupt nicht. Ich würde lauthals "Foul" rufen, wenn die Bundesregierung auch nur annäherungsweise solche Lieferungen genehmigen würde. Das jetzt hintenherum zu machen, ist Beihilfe zu vielen, vielen Morden, die dort stattfinden.
Da werden Pistolen ganz regulär in die USA geliefert und landen auf irgendwelchen Wegen in Kolumbien...
van Aken: Das Beispiel zeigt doch, dass man überhaupt keine Kontrolle mehr über die Waffen hat, wenn man sie einmal exportiert hat. Die einzige Konsequenz daraus ist doch, dass man überhaupt keine Kleinwaffenexporte mehr genehmigt.
Interne Dokumente von SIG Sauer aus Eckernförde zeigen nun, dass man auch im deutschen Firmensitz den wahren Abnehmer der Pistolen offenbar seit längerer Zeit kannte. Was bedeuten jetzt diese neuen Unterlagen für die Aufarbeitung des Falles?
van Aken: Wir haben jetzt auf jeden Fall einen strafrechtlich relevanten Fall. Die Staatsanwaltschaft muss zügig ermitteln, auch direkt bei SIG Sauer und bei allen beteiligten Unternehmen. Denn dass da deutsches Recht gebrochen worden ist, ist relativ deutlich. Und wenn ich die Dokumente richtig lese, haben auch die Amerikaner deutsches Recht gebrochen. Denn sie haben schriftlich angegeben, dass diese Waffen in den USA bleiben. Aber sie haben sie einfach weitergegeben, da muss die Bundesregierung reagieren - eigentlich dürfte sie bis zur endgültigen Aufklärung überhaupt keine Rüstungsgüter mehr in die USA liefern.
Inwiefern hat die Aufsicht versagt?
van Aken: Das Problem ist doch, dass wir in Deutschland keine richtige Waffenexportkontrolle haben. Wir haben zwar ein sehr komplexes Genehmigungsverfahren für Waffenexporte. Am Ende wird aber alles einfach abgenickt und es ist nicht vorgesehen, den Firmen oder den Empfängern zu misstrauen. Das heißt, eine Kontrolle findet nicht statt. Das ist leider schon seit vielen Jahrzehnten so.
Welche Konsequenzen sollte das für SIG Sauer haben?
van Aken: Da muss jetzt sofort die Staatsanwaltschaft ermitteln. Sie müssen die letzten Beweise, die es vielleicht noch gibt, sichern und dann muss es Strafverfahren geben. Es kann nicht sein, dass so ein Unternehmen straffrei davonkommt. Auf jeden Fall ist die erste Konsequenz, dass ab sofort die Bundesregierung überhaupt keine Exporte von SIG Sauer mehr genehmigt, egal in welches Land, denn dieses Unternehmen ist offenbar nicht vertrauenswürdig
Das Interview führte Robert Bongen.