Die "Schölermanns" - Familienleben im Fernsehen
Die "Schölermanns", diese norddeutsche Durchschnittsfamilie, lebten in Hamburg, in einer kleinen, aber gemütlichen Mietwohnung. Wenig später konnte man sich mit dem Verdienst des vom kaufmännischen Angestellten zum Prokuristen beförderten Vater Matthias bereits eine größere Etagenwohnung leisten.
Für die damalige Zeit selbstverständlich war Mutter Trude nicht berufstätig, sondern widmete sich mit aller Fürsorge dem Haushalt und hielt, immer um Ausgleich bemüht, die Familie fest zusammen. Nur einmal sprang sie ein, als die Firma in Konkurs ging, bei der Matthias bis dahin gearbeitet hatte. Doch sobald er wieder eine neue Anstellung gefunden hatte, gab die Mutter die von ihr geführte Pension wieder auf. Ein solch wunderbares Rollenklischee der 1950er-Jahre gab es auch für die heranwachsende Tochter: "Für eine Frau ist es immer noch am besten, wenn sie heiratet", lautete die Devise, die Mutter Trude vermittelte.
Alltags- und Generationsprobleme rund um einen bürgerlichen Familienkosmos wurden nicht nur, aber mit Vorliebe beim gemeinsamen Löffeln von Bohnensuppe oder auf der Wohnzimmercouch vor dem unvermeidlichen Heimatgemälde besprochen. Überhaupt schaute die immer größer werdende Fernsehgemeinde ihren "Nachbarn" buchstäblich in die Wohnung. Diese wurde deshalb auch mit großem Bedacht so ausgestattet, dass sie in vielem den häuslichen vier Wänden der Zuschauerfamilien ähnelte.
Eine Woche lang wurde geprobt, so Charles Brauer, dann wurde jede "Schölermann"-Folge live ausgestrahlt. Alle vierzehn Tage war die Familie im Programm zu sehen, zunächst mittwochs, dann donnerstags, jeweils pünktlich nach "Tagesschau" und "Wetterkarte" um 20.20 Uhr.
Der Erfolg hat viele Väter
Der Erfolg, den sich diese erste Familienserie im bundesrepublikanischen Fernsehen nach ihrem Start rasch erspielte, hatte gleich mehrere Väter. Einer von ihnen war Werner Pleister, Fernseh-Intendant des NWDR in Hamburg, der mit seinen langjährigen Erfahrungen aus der Radio- und Filmarbeit die Entwicklung des jungen Mediums Fernsehen beeinflusste. In diesem Fall jedoch hatte er weniger auf die vielen Radio-Familien geblickt, die es in Deutschland und Europa gab, sondern vor allem nach Amerika und auf die damals beachtlichen Erfolge von Fernseh-Sitcoms wie beispielweise "I love Lucie". Weitere "Väter" der "Schölermanns" waren Ernst Markwardt und später Ruprecht Essberger, die bei den halbstündigen Sendefolgen der Familienserie Regie führten.
Die erste deutsche "Soap"
Schließlich treten als Urheber der Folgen insgesamt mehr als ein Dutzend Autoren auf, darunter vor allem Rolf und Alexandra Becker sowie Walther von Hollander - allesamt versierte Rundfunkliteraten. Das Autorenteam Becker machte sich damals gerade mit dem unterhaltsamen Krimihörspiel "Gestatten, mein Name ist Cox" einen Namen. Walther von Hollander war seit den 1930er-Jahren ein Bestsellerautor, der mit Unterhaltungsromanen und Ratgeber-Literatur ein feines Gespür für Themen zeigte, die in der Luft lagen.
Die "Schölermanns" sind mit den Radio-Familien der "Hesselbachs", "Staudenmaiers" und "Brummls" beziehungsweise der dänischen "Hansens" und der britischen "Archers" verwandt. Sie sind aber auch ein Stück transatlantischer Transfer und stellen eine erste bundesrepublikanische "Soap" dar.
Nicht zuletzt spielte auch die Werbung bereits eine Rolle. Die Firma Philips, so erinnerte sich Charles Brauer in einem Interview, habe die populäre Fernsehfamilie für einen ihrer Weihnachtskataloge werben lassen. Für den jungen Schauspieler bedeutete dies damals eine willkommene Aufbesserung seiner bescheidenen Einkünfte.
"Liebe alte Freunde..."
Bis zum 25. März 1960 waren die "Schölermanns" auf dem Bildschirm. Eine Absetzung der Familienserie im Frühjahr 1958 war nur vorübergehend und wurde schnell wieder zurückgenommen. Die Zuschauer hatten protestiert, und so hieß es am 1. Oktober 1958 in der "Hör zu!": "Liebe alte Freunde sind aus ihrem Urlaub zurück".
Urlaub ist auch das Stichwort, wenn es um die wenigen, noch vorhandenen Folgen der "Schölermanns" geht. Wie schon erwähnt, wurde live gesendet, Aufzeichnungen wurden nicht gemacht. Doch um dem Schauspieler- und Produzenten-Ensemble gelegentlich eine Urlaubs-Auszeit zu gönnen, wurden einige wenige Episoden als Film gedreht und archiviert. Eine davon zeigt die Familie bei einem Ausflug nach Helgoland, eine andere Vater Schölermann schmollend in der Gartenlaube nach einem häuslichen Streit um das Haushaltsgeld.
Wer mehr über die "Schölermanns" wissen und sie näher kennenlernen möchte, muss sich also in die Drehbücher vertiefen. Allein in der Bibliothek des Hamburger Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung sind einige Dutzend davon erhalten. Sie werden gehütet, da sie eine wunderbare Fundgrube für einen Lektüre-Blick in vergangene Fernsehzeiten sind.
- Teil 1: Selfies der etwas anderen Art
- Teil 2: Wie die Mutter so die Tochter