1924: Der Norden geht auf Sendung
Der Siegeszug des neuen Mediums bedeutete für die Norag, damals eine der größten deutschen Sendegesellschaften, einen soliden wirtschaftlichen Erfolg. Ihre Geschäftsberichte verzeichneten steigende Gesamteinnahmen, für 1930 beispielsweise über 6,7 Millionen Reichsmark aus Teilnehmergebühren.
Aus den provisorischen Studios im Fernmeldeamt war das umfangreiche Musik- und Wortangebot bald nicht mehr zu stemmen. Daher wurde 1929 eine Villa in der Rothenbaumchaussee gekauft, in der zuvor bereits Verwaltung und Direktion des jungen Medienunternehmens zur Miete untergebracht waren. Am 8. Januar 1931 wurde der an die Villa anschließende Neubau des Funkhauses eingeweiht. Nach außen hin hanseatisch zurückhaltend, wartete die Norag im Innern mit dem neuesten Stand der Technik auf.
Ein Sender für acht Länder
Das Sendegebiet der Norag erstreckte sich zunächst von Göttingen bis zur dänischen Grenze sowie von Bremen bis hinter Rostock. Hinzu kamen 1928 die Oberpostdirektionen von Oldenburg und Ostfriesland sowie Mecklenburg-Neustrelitz. Darüber hinaus gab es Veränderungen im Bereich Braunschweig und Schwerin. In diesem so genannten"niederdeutschen Sendebezirk - die Bezeichnung "norddeutscher Sendebezirk" war bereits für die Funk-Stunde AG in Berlin vergeben - wohnten circa sieben Millionen Einwohner. Um sie mit den Rundfunkprogrammen zu erreichen, errichtete die Norag bis 1928 Nebensender in Bremen, Hannover, Kiel und Flensburg. In politischer Hinsicht umfasste der flächenmäßig große Sendebezirk zuletzt acht verschiedene Länder des Deutschen Reiches.
Aufsichtsgremien mit vielen Interessen
Daraus resultierte eine mitunter komplizierte Situation, denn neben dem Reichspostministerium und dem Reichsinnenministerium entsandten auch die Landesregierungen Vertreter in die Aufsichtsgremien. Hamburg als Sitz gebendes Land berief Alexander Zinn, den Leiter der Staatlichen Pressestelle des Senats, in den Überwachungsausschuss. So geriet der Rundfunk zwar schon früh auch unter landespolitische Kontrolle, doch handelte es sich im Fall von Alexander Zinn um eine glückliche kollegiale Verbundenheit zwischen der Hamburger Politik und der regionalen Sendegesellschaft.
Rasante Entwicklung
Aus bescheidenen Programmanfängen entwickelten sich rasch ein mehrstündiges Angebot sowie schließlich ein nahezu tagesfüllender Sendebetrieb. So veranstaltete die Norag beispielsweise 1930 bereits insgesamt 6.223 Programmstunden, darunter über 2.000 Stunden Wortsendungen und mehr als 3.000 Stunden Musik. Die Bandbreite des Programmangebots reichte von Unterhaltung und Bildung bis hin zu Information und Kultur.
Besondere Schwerpunkte kristallisierten sich für die norddeutsche Sendegesellschaft heraus. Einerseits hatte man den Anspruch, ein Sender für die Region zu sein, und betonte daher die niederdeutsche Sprache und Kultur. Andererseits entstanden gleichzeitig ganz praktische, realitätsnahe Programminnovationen und moderne Rundfunkformen, so zum Beispiel auf dem Gebiet der Funkoper und des Hörspiels, der Städtebilder und der Literaturvermittlung.
- Teil 1: Der Siegeszug des Rundfunks im Norden
- Teil 2: Der Umzug in die Rothenbaumchaussee
- Teil 3: Ein vielseitiges Programmangebot