Ein Funkhaus für den Norden
Bereits im März 1928 hatte die Norag die Engelbrecht‘sche Villa in der Rothenbaumchaussee 132 angemietet. In der alten Patriziervilla wurden zunächst Direktion und Verwaltung untergebracht. Das sorgte in der Binderstraße für etwas Entlastung. Als die Villa 1929 zum Verkauf stand, griff das junge Medienunternehmen zu. Für 290.000 Mark, so hielt es der Kaufvertrag am 1. Juni 1929 fest, wechselten Grundstück und Gebäude den Besitzer. Mit einem Gespür für öffentlichkeitswirksame Publicity erfolgte die Grundsteinlegung pünktlich zum fünften Geburtstag des neuen Mediums am 2. Mai 1929.
Rund um die Villa sollte ein Funkhausneubau entstehen. Mit der Planung beauftragt wurde das Hamburger Architektenbüro Alfredo Puls und Emil Richter. Puls & Richter hatten sich in den 20er-Jahren bereits mit einigen Bauvorhaben in der Hansestadt präsentiert. Nun reihte sich das Team in die kurze Reihe der Funkhausarchitekten in Deutschland ein. Denn Funkhäuser waren zu diesem Zeitpunkt eine absolute Neuheit. Nur in Berlin hatte Jochen Poelzig das große Funkhaus in der Masurenallee geschaffen und in München arbeitete Richard Riemerschmid an einem Rundfunkgebäude für die "Deutsche Stunde in Bayern".
Rundgänge durch das Funkhaus
Stolz gewährte man während der 18-monatigen Umbauzeit Besuchergruppen immer wieder Einblick in das Gebäude, das zu Europas modernsten Funkhäusern seiner Zeit zählen sollte.
Sein Herzstück bildete der große Sendesaal. 18 Meter lang, 19 Meter breit und 10 Meter hoch: Das waren keine spektakulären Ausmaße, wenn man über einen Raum für öffentliche Aufführungen und über einen Saal sprach, der speziellen akustischen Anforderungen der Aufnahme- und der Sendetechnik genügen sollte. Professor Dr. Ing. Eugen Michel von der Technischen Hochschule in Hannover führte die Vorberechnungen für den akustischen Teil durch, die Senderverantwortlichen, allen voran Norag-Intendant Hans Bodenstedt und und Norag-Vorstandsmitglied Dr. Kurt Stapelfeldt, steuerten ihre bisher erworbenen Praxiserfahrungen bei.
- Teil 1: Die Anfänge in der Binderstraße
- Teil 2: Die Engelbrecht‘sche Villa wird um(ge)baut
- Teil 3: Alles für eine "möglichst vollkommene 'Hörsamkeit'"