Schwitzen im Hochbunker: Die Anfänge des Fernsehens
Nach dem Versuchsbetrieb in den Jahren 1950 bis 1952 begann am ersten Weihnachtsfeiertag 1952 die Ausstrahlung des regelmäßigen Fernsehprogramms. Eine kleine Mannschaft von Fernsehpionieren legte die Grundlagen für die rasante Entwicklungsgeschichte des Fernsehens in den 1950er-Jahren. Dieser Siegeszug nahm in den beiden Hochbunkern auf dem Hamburger Heiligengeistfeld seinen Ausgang. Fundstücke aus dem Archiv und Zeitzeugen-Berichte geben einen Einblick in die Arbeitsbedingungen, unter denen dieser Aufbau geleistet wurde.
Der Ortstermin führt auf das Heiligengeistfeld in Hamburg. In der Hansestadt waren die Narben der nur wenige Jahre zurückliegenden Bombennächte noch unübersehbar. Auf dem traditionell von den Schaustellern des "Hamburger Dom", einem Jahrmark, genutzten Gelände ragten zwei überdeutlich an die Kriegszeit erinnernde Bauten in den Himmel. Drohend, düster, klotzig standen die beiden Hochbunker inmitten eines weiten brachliegenden Areals.
Anfänge im Hochbunker 2
Im November 1949 wurden allererste Fernseh-Versuche im ehemaligen "Hochbunker 2" durchgeführt, im November 1950 wurde, die einstigen Flakgeschütze waren abgebaut, auf seinem Dach ein erster 0,25 KW-Sender installiert, am 26. Januar 1951 nahm das Fernsehversuchsstudio 2 seinen Betrieb auf.
Am 21. Dezember 1951 kam das größere, als "Hochbunker 1" bezeichnete Gebäude dazu. Hier wurde ein zweites, 700 qm großes Versuchsstudio eingerichtet. Die Übertragung aus diesem Studio erfolgte nur über die Geräte im neuen Übertragungswagen, der unten auf dem Platz geparkt wurde. Aus diesen militärischen Trutzburgen, von denen noch einer bis heute im Stadtbild präsent ist, nahm die Fernsehgeschichte ihren Lauf. Erst in den folgenden Jahren wurde das Studiogelände in Hamburg-Lokstedt aufgebaut und die Mitarbeiter der ersten Stunde zogen von Altona in den nordwestlich gelegenen Stadtteil der Hansestadt.
Klein, eng, stickig
Über die räumlichen Bedingungen in den Bunker-Studios findet man zeitgenössische Berichte. In den "Fernsehtagebüchern", die der fernsehbegeisterte Journalist Kurt Wagenführ regelmäßig führte, heißt es am Jahresende 1950: "Der kleine Senderaum ist 4,5 mal 4,5 Meter groß; in ihm sind sieben Scheinwerfer, eine Kamera, ein Mikrofon und ein Feldtelefon. Ein Klavier passte nicht mehr hinein, es steht auf dem Flur. Erstaunlicherweise können auch noch Menschen im Studio Platz finden ... Der große Senderaum ist etwa elf Meter lang und 6,5 Meter breit (ohne den Regieraum). Alles liegt hoch oben im Bunker, rund 100 Stufen hoch, eine schöne Arbeit, wenn der Lastenfahrstuhl (einen anderen gibt es nicht) nicht funktioniert. Unter dem Dach das kleine Studio, eine Treppe tiefer der 'Sendesaal'. Dazu einige Büros, technische Räume, eine Schminkecke, Ansätze für eine Kantine. Alles hoch, hart mit stickiger Luft."
"Alles ist improvisiert"
Daneben finden sich in seinen Notizen auch kleine Impressionen wie diese über den damaligen Oberspielleiter Hans Farenburg: "Farenburg jammert, dass kaum eine Möglichkeit ist, in den kleinen Senderäumen irgendetwas zu ändern. Die Betonmauern sind zu dick und wenn man auch nur ein wenig an ihnen bohrt, dann sind das Studio, die Flure und die Büros voller Staub (und Krach). Es besteht natürlich kaum eine Chance, mit den akustischen Problemen fertig zu werden!" (7.12.1950).
Zwei Tage später notierte Wagenführ: "Im kleinen Studio eine Treppe höher hat die Wand, vor der die Ansagerin tritt, einen mattsilbrigen Vorhang bekommen. Alles ist improvisiert." Wagenführ, der an der Fernsehentwicklung im "Dritten Reich" in Berlin beteiligt war, zog den Vergleich: "Eine richtige Wohnwagenatmosphäre, wie vor 15 Jahren in Berlin-Charlottenburg."
Sehr ausgewählte Gäste
Auf die Umstände der Fernseharbeit in den ersten Monaten angesprochen, erinnerten sich in einem Interview-Projekt viele der damaligen Mitarbeiter des NWDR-Fernsehens an diese Umstände. "Die dicken Bunkerwände" machten dem Techniker Ernst Hoffmann zu schaffen. "Mitunter mussten wir da durch, um Kabel durchzuziehen. Es war schon recht beschwerlich", schilderte er im Gespräch.
Jürgen Roland, Jung-Reporter, wusste zu berichten, dass der Paternoster abends abgestellt war. Das hatte Auswirkungen auf die Auswahl seiner Studiogäste: "Wir haben auf manche Leute verzichten müssen, weil die sagten, sie können nicht zwölf Stockwerke hochgehen. Boxer, Eiskunstläufer, Gaukler in jeder Form, jugendliche Regisseure, die hatte ich; solche Leute, die schleppten sich da hoch."
"Ein Fernsehstudio mit eingebautem Saunabetrieb"
Carsten Diercks, damals Kameramann, schilderte das allererste Fernsehstudio als regelrechten Saunabetrieb: "Das Studio wurde mit Ventilatoren gelüftet. Fenster gab es keine. Wir hatten, wenn ich das recht erinnere, manchmal 70 Grad. Die Beleuchter hatten es besonders schwer, denn die standen oben auf der Beleuchterbrücke und die heiße Luft steigt ja bekanntlich nach oben. Ein Fernsehstudio mit eingebautem Saunabetrieb, so kann man es sehen." Diese tropischen Temperaturen stammten vor allem von den Scheinwerfern, die eine schattenlose Flächenbeleuchtung mit einer Lichtstärke bis zu knapp 2000 Lux bereitstellen mussten.
- Teil 1: Anfänge im Hochbunker 2
- Teil 2: "Für die Menschen, die dort arbeiten müssen, nicht geeignet"