Stand: 01.09.2011 15:29 Uhr

Free Form Jazz und die Anfänge des NDR Jazzworkshops

von Anne Runkel

Die Idee zu den Jazzworkshops hatte Rolf Liebermann, der damalige Musikchef des NDR und spätere Intendant der Hamburgischen Staatsoper. Das betonte Hans Gertberg, Leiter der NDR Jazzredaktion von 1952 bis 1970, immer wieder. Die Vorstellungen Liebermanns gingen dahin, der Studio-Jazzkonzert-Reihe, die die Jazzredaktion schon 1952 ins Leben gerufen hatte, eine neue, experimentelle Facette zu geben. Sie sollte mehr Abwechslung ins Programm bringen.

1962: Notizen aus der Jazzwerkstatt © NDR
Hans Gertberg (links) und der Stuttgarter Pianist Horst Jankowski 1962.

Gertberg griff diese Anregung Liebermanns auf und hauchte der Idee Leben ein. Sein Konzept sah vor, für jeden Workshop national und international bekannte Jazzmusiker zum NDR einzuladen. Jeweils zwischen zehn und zwanzig Musiker sollten einige Tage zusammen proben können und ihre Ergebnisse schließlich in einem Studio-Konzert live der norddeutschen Hörerschaft vorstellen. Das Hauptaugenmerk der Veranstalter lag auf der Möglichkeit, verschiedenen Musikern, die andernfalls niemals zusammen gespielt hätten, beim NDR Raum und Öffentlichkeit für Experimente zu bieten und sie für diesen Zeitraum aus dem alltäglichen kommerziellen Druck zu lösen.

Große Resonanz nicht nur im deutschen Radio

Am 21. Februar 1958 verwandelte Hans Gertberg das elfte Studio-Jazzkonzert kurzerhand in den ersten NDR Jazzworkshop. Diesem folgten bis zum Tode Gertbergs im Jahr 1970 noch 69 weitere Workshops. Während im ersten Jahr nur drei Konzerte stattfanden, organisierte die Jazzredaktion danach bis zu sieben Workshops pro Jahr, die unregelmäßig in den Winter-, Frühjahr- und Herbstmonaten stattfanden. Dementsprechend blieben die Übertragungen der Konzerte stets Highlights und erhielten als solche einen Platz im zweiten Radioprogramm des NDR, während die meisten anderen Jazzsendungen im dritten Programm des NDR Radios ausgestrahlt wurden. Von einigen Direkt-Übertragungen abgesehen, wurden die Konzerte in der Regel aufgezeichnet und einige Wochen später im Abendprogramm um 21.00 Uhr gesendet.

von links: Rolf Kühn (Altsaxofon), Poldi Klein (Tenorsaxofon), Christian Kellens (Posaune), Attila Zoller (Gitarre), Kurt Bong (Schlagzeug), und Götz Wendtland (Bass). Sechs von neun Solisten des Workshop-Ensembles, das unter Horst Jankowskis Leitung stand, aufgenommen 1962. © NDR Foto: Aufnahme: 1962
Der Jazzworkshop 1962 mit Rolf Kühn, Poldi Klein, Christian Kellens, Attila Zoller, Kurt Bong und Götz Wendtland (v.l.). Die Leitung hatte Horst Jankowski.

Auch für das Fernsehen waren die Jazzsessions attraktiv. Unter dem Titel "Notizen aus der Jazzwerkstatt" wurde von Mitte 1961 an gelegentlich im Fernsehen über die experimentellen Zusammenkünfte im Studio 10 des NDR berichtet. Darüber hinaus zeigte auch das Ausland Interesse. Wie Anne Kröhling in ihrer Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 über die NDR Jazzworkshops feststellte, fanden zahlreiche internationale Kooperationen statt. So wurde zum Beispiel der Workshop vom 28. März 1969 auch vom finnischen Rundfunk übertragen und vier weitere Workshops entstanden in Kooperation mit dem tschechischen und polnischen Rundfunk.

Eine Gesprächsrunde. v.l.: Walter Menningen, Horst Seifert, Ingrid Lorenzen, Rüdiger Proske und Helga Norden. (1960) © NDR

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