Verschärfter Schwefelgrenzwert für Schifffahrt
Die großen Schiffe auf den Weltmeeren fahren bislang alle mit Schweröl. Aber Schweröl ist dreckig. Am 1. Januar tritt weltweit ein verschärfter Schwefelgrenzwert in Kraft: Nur noch 0,5 statt bisher 3,5 Prozent Schwefel dürfen im Schiffstreibstoff enthalten sein. Ein Wert, der mit dem alten Treibstoff nicht mehr einzuhalten ist. Ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Die "NDR Info Perspektiven" erklären die Hintergründe.
Schweröl ist ein Abfallprodukt der Raffinerien: voller Schwefel, Schwermetalle und Stickoxide. Jetzt muss zumindest der Schwefelanteil deutlich sinken, um etwa 85 Prozent, freut sich Malte Siegert, Schifffahrtexperte beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Vom derzeitigen Schwefelanteil auf den Weltmeeren in Höhe von 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent runterzugehen, sei ein Riesenschritt: "Das ist auf jeden Fall gut für die menschliche Gesundheit, für Menschen in Küstenbereichen und in Häfen."
Kritik am Scrubber: Schadstoffe im Meer statt in der Luft
Wirklich sauber werden Schiffsabgase aber auch künftig nicht sein. Auch ein niedrigschwefliges Destillat sei immer noch 500 Mal dreckiger ist als das Benzin, das ein Großteil der Pkw nutze, so Siegert. Immerhin seien es aber in der Summe 85 Prozent weniger Schwefel und Schwermetalle als bisher. Um die Grenzwerte einzuhalten, haben die Reeder zwei Möglichkeiten: entweder entsprechend "sauberen" Treibstoff zu tanken oder auf ihren Schiffen eigene Entschwefelungsanlagen, sogenannte Scrubber, zu installieren.
Alfred Hartmann, Präsident des Verbands Deutscher Reeder (VDR), wollte von seinen Mitgliedsunternehmen wissen, welchen Weg sie gehen: "80 Prozent werden den neuen Brennstoff kaufen und in etwa 20 Prozent haben einen Scrubber."
Beim NABU sieht man die Scrubber mit Skepsis. Vor allem Systeme, die ihr Abgas mit Meerwasser waschen und das schweflige Abwasser dann ins Meer leiten, stehen in der Kritik: "Es kann nicht im Sinne des Erfinders sein, dass man einfach anfängt, die Luftschadstoffe, also die Probleme, die da entstehen, aufs Meer zu übertragen."
Kunden dürften vom Preisaufschlag kaum etwas merken
Der größte Teil der Welthandelsflotte aber wird am ersten Januar auf schwefelarmen Kraftstoff umstellen - auch die mehr als 200 Containerschiffe von Hapag-Lloyd. Der Umstieg tut weh, denn schwefelarmer Kraftstoff ist fast 50 Prozent teurer als Schweröl, sagt Nachhaltigkeitsmanager Jörg Erdmann: "Der Preis dafür ist bei Hapag-Lloyd bis zu einer Milliarde Dollar höher, und das muss dann eben kompensiert werden."
Die Kunden werden den Preisaufschlag zahlen müssen - vom Kreuzfahrt-Passagier bis zum T-Shirt-Käufer. Wirklich spüren aber werden sie es kaum, meint Naturschützer Siegert: "Wir schiffen ein T-Shirt für 0,1 Cent um die Welt. Wir schiffen ein Handy für zehn Cent um die Welt. Und daran kann man mal sehen, wie gering die Kosten am Ende des Weges tatsächlich sind." Die Kosten für die Schifffahrt seien am Ende also so gering, dass der Preisaufschlag, der beim Kunden ankommt, kaum ins Gewicht falle.
Anreiz für Veränderungen
Dennoch: Der erste Schritt weg vom Schweröl ist getan. Ein zweiter Schritt könnte der Umstieg auf LNG, also Flüssigerdgas, sein. Hapag-Lloyd hat einen ersten Containerriesen auf Gasantrieb umgerüstet, Reeder-Präsident Hartmann hat bereits vier Gas-Schiffe in seiner Flotte: "Schwefel ist komplett weg, Feinstaub ist auch weg - da kommt nix mehr aus dem Schornstein. Das ist schon der sauberste Brennstoff, den wir zurzeit haben."
CO2 kommt allerdings auch bei einem Gasantrieb noch aus dem Schornstein, kaum weniger als beim alten Schweröl. Vielleicht kann die neue Richtlinie Reedereien aber auf lange Sicht zum Umdenken anregen, etwa in Richtung elektronischer oder Segelantriebe. Konzepte, die beispielsweise in Norwegen, schon erprobt werden.