Kinder, Kunst und Karriere - geht das?
Der Muttertag ist Anlass für uns, nachzufragen, wie Frauen in künstlerischen Berufen es eigentlich schaffen, Traumjob und Mutterschaft zu vereinbaren. Kinder, Kunst und Karriere - geht das? Eine Schauspielerin und eine Balletttänzerin erzählen von ihren Erfahrungen.
Ein Industriegebiet im Hamburger Osten. Hier finden Dreharbeiten für die Krimireihe "Katharina Tempel" statt. Schauspielerin Franziska Hartmann spielt die Hauptrolle. Sie sitzt in der Maske und wird geschminkt. "Um 3.30 Uhr hat mein Baby von mir abgelassen. Gefühlt hatte es bis dahin dauer-genuckelt. Und dann würde ich mal sagen, zwei Stunden später ging es wieder los", erzählt die 40-Jährige, die als Schauspielerin regelmäßig vor der Kamera steht, am Theater auftritt - und Mutter von zwei Kindern ist. Das jüngste gerade mal ein Jahr alt.
Eine Doppelbelastung, die keinesfalls Normalität ist, wie Hartmann weiß: "Gerade unter meinen Schauspiel-Freundinnen und -Kolleginnen gibt es wirklich welche, die hätten ganz gerne Kinder, aber haben einfach zu große Angst, aus dem Business zu fliegen". Drehtage beim Film dauern schon mal zwölf oder 13 Stunden, jede Minute kostet Geld. Manche Produktionsfirmen schrecken da offenbar vor Schauspielerinnen mit Kind zurück: "Ich glaube, es gibt wahnsinnig viele Vorurteile, was die Belastbarkeit und Flexibilität von Eltern mit kleinen Kindern angeht. Ich glaube, es gibt quasi nur Vorurteile", sagt Hartmann.
Ballerina Semionova: Mit Kind droht Job-Verlust
Die Sorge, nach der Schwangerschaft ihren Beruf nicht mehr ausüben zu können, kennt auch Polina Semionova. Die 39-Jährige ist Primaballerina am Staatsballett Berlin. "Andere Ballerinen an anderen Theatern sagen, dass, wenn wir ein Kind bekommen, wir dann weg sind. Kann sein, dass wir für lange Zeit weg sind. Oder für immer."
Semionova ist Mutter von zwei Kindern. Ihre Tage sind prall gefüllt mit Proben, zwischendurch sieht sie nach den Kindern, backt Pfannkuchen und gibt abends zum Teil auch noch Vorstellungen. Trotz Doppelbelastung und wenig Schlaf - ihre Leidenschaft fürs Tanzen wollte sie auf keinen Fall aufgeben.
Schauspielerin Hartmann: Das Umfeld muss sich drauf einlassen
"Es kommt oft vor, dass man sich entscheiden muss: Karriere oder Kind. Oder dieses Theater oder jenes Theater. Oder modernes oder klassisches Repertoire. Ich bin eine von diesen Personen, die es nicht mag, zu entscheiden: Das oder das? Warum kann man es nicht zusammen machen? Warum kann man es nicht wenigstens probieren?", fragt Semionova.
Auch Schauspielerin Hartmann war immer klar, dass sie beides will: Kinder und Karriere. Und sie will zeigen, dass das auch geht - wenn sich das Umfeld drauf einlässt. "Ich habe letztes Jahr, da war mein Baby vier Monate alt, mit Säugling am Set gedreht. Ich hatte eine tolle Nanny dabei und wenn das Baby trinken wollte, habe ich gestillt. Das war für niemanden ein Problem. Meistens muss ja sowieso noch irgendwas umgebaut werden, oder es steht ein Kostümwechsel oder sonst was an."
Sie habe auch kein Problem damit gehabt, einfach in irgendeiner Ecke vom Set zu stillen: "Ich habe da nicht viel Zeit gebraucht und alle fanden es wahnsinnig schön, wenn das Baby ans Set kam." Beide Frauen wünschen sich, dass solche Situationen noch viel mehr zur Normalität werden. Denn Mutterschaft betrifft nicht nur die Mütter selbst - sondern uns alle.