Geschichte des Galopprennsports
Die Rennen auf der ovalen Grasbahn sorgen für große Faszination bei den Zuschauern. Sind die Wetten abgegeben und die Plätze auf den Tribünen eingenommen, fiebern die Besucher besonders dem Start entgegen - dem Moment, wenn die nervösen Vollblutpferde aus den Boxen schnellen und losrasen. Dann bejubeln die Fans die kleinen, in bunten und glänzenden Renntrikots gekleideten Jockeys, die möglichst windschnittig auf ihren Pferden hocken und im Einlauf wild mit der Peitsche rudern, um auch das Letzte aus ihren Pferden herauszuholen. Die Zuschauer zittern: Wird ihr Favorit siegen?
Nur Vollblüter im Rennen
Ein britischer Charme umgibt die Szenerie, und er verrät auch die Wurzeln des Galoppsports: In England wurde im Jahr 1722 mit der Kreuzung arabischer Hengste mit Stuten der englischen Landrasse das englische Vollblut aus der Taufe gehoben. Ausschließlich für den Wettkampf gezüchtet, sind die Pferde dieser Rasse nicht allzu groß, dafür schmal, gut bemuskelt und von großer Schnelligkeit. Nur Pferde, deren Abstammung auf das seit 1793 geführte Zuchtbuch zurückzuführen ist, dürfen sich Vollblut nennen und am Galopp-Rennbetrieb teilnehmen.
Start in Bad Doberan
Der Galopprennsport erfreute sich zunächst in England schnell großer Beliebtheit und schon bald fanden sich auch in Deutschland immer mehr Anhänger, die Pferde von der britischen Insel importierten und eine eigene deutsche Vollblutzucht aufbauten. Zunächst wurden bei höfischen Festen oder größeren Privatveranstaltungen sogenannte Matches, das Laufen zweier Pferde gegeneinander, ausgetragen. Als offizieller Beginn des Galopprennsports gilt in Deutschland aber das Jahr 1822. Damals begann der Rennverein Bad Doberan in Mecklenburg, jährlich wiederkehrende Rennen auf der eigenen Bahn auszurichten.
Hamburg - Pionier für Deutschland
Die wichtigsten und wegweisendsten Impulse für den Galoppsport gingen jedoch von der Hansestadt Hamburg aus. Ihr wird auch nachgesagt, die "englischste" aller deutschen Städte zu sein. Hier begann sich 1840 mit der Gründung des "Norddeutschen Jockey-Clubs" die deutsche Vollblutzucht zu organisieren. 1869 wurde auf der Galopprennbahn in Hamburg-Horn das erste Deutsche Derby ausgetragen. Schon diese Premiere zeichnete sich durch ihren Volksfestcharakter aus. Tausende Zuschauer strömten nach Horn, die Damen zeigten ihre feinste Garderobe. Mit der Eröffnung des offiziellen Wettbetriebs 1870 in Hamburg wurde der Rennsport auf eine solide finanzielle Basis gestellt. Seitdem werden Gelder aus dem Topf der Wetteinnahmen zurückbehalten und davon ein Großteil der Preisgelder an Besitzer und Züchter sowie die Unterhaltskosten der Rennbahnen bezahlt. Wie in England begeisterte der Sport immer mehr Menschen. 1914 kamen 60.000 Zuschauer zum Großen Preis nach Berlin-Grunewald. Am Totalisator wurde ein Wettumsatz von mehr als einer Million Reichsmark erzielt.
Gestüt Fährhof dominiert die Nachkriegszeit
Durch Rezession und Krieg musste der Rennsport in den folgenden Jahren schwere Rückschläge hinnehmen. Von den rund 850 Vollblut-Stuten war nach 1945 nur knapp die Hälfte verblieben und die ehemals über 100 Rennbahnen waren größtenteils zerstört. Aber bereits 1948 konnte in Hamburg-Horn nach fünfjähriger Pause wieder ein Derby stattfinden. Der Hamburger Renn-Club und der sportbegeisterte Hamburger Bürgermeister Max Brauer hatten damit eine organisatorische Meisterleistung vollbracht. Mit dem Gestüt Fährhof in der Nähe Bremens entstand in der Nachkriegsära unter der Leitung von Walther J. Jacobs eines der erfolgreichsten Gestüte Deutschlands. Auch mit seiner Hilfe kam es zu einer schnellen Erholung des Pferdebestands: Nur 20 Jahre später waren bundesweit wieder über 2.500 Vollblüter im Training und Renngeschehen aktiv.