Von der Vision zur Wirklichkeit: SVG Lüneburg greift nach den Sternen
Die Volleyballer der SVG Lüneburg träumen nach dem Einzug in die Play-off-Finalspiele um die deutsche Meisterschaft vom ersten nationalen Titel in der Vereinsgeschichte. Ein Triumph in der Serie "Best of five" gegen die Berlin Volleys wäre die Krönung einer atemberaubenden Entwicklung, die der Club in der vergangenen Dekade genommen hat.
"Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", hallte es am Samstagabend durch die Lüneburger Arena, nachdem die Schützlinge von Stefan Hübner das fünfte Halbfinale gegen den VfB Friedrichshafen mit 3:1 für sich entschieden und damit den Einzug ins Endspiel pefekt gemacht hatten. Viele der euphorisierten Fans trugen weiße T-Shirts mit der Aufschrift: "Finale, ein Traum", während sie den eigentlichen Fußball-Klassiker sangen.
Die Jerseys können sie nun im Kleiderschrank verstauen und sich stattdessen den neuesten Artikel aus dem Fanshop des SVG überstreifen. Denn nur einen Tag nach dem Sieg gegen Friedrichshafen bot der Bundesligist dort ein blaues T-Shirt mit der Aufschrift "Playoff-Finale 2025" an. "Jetzt schnell bestellen, um am Sonntag in Berlin richtig gut auszusehen", hieß es dazu auf den Social-Media-Kanälen des Clubs mit Blick auf die erste Begegnung (16 Uhr) beim Hauptrundensieger.
Rasante Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt
Meisterschaftsfinale? Professionelles Merchandising? Davon war die Spielgemeinschaft Volleyball Gellersen Lüneburg Lichtjahre entfernt, als Stefan Hübner 2014 das Traineramt bei den Niedersachsen antrat. Der Club spielte seinerzeit noch in der Zweiten Liga in einer Sporthalle mit einer für die Bundesliga zu niederigen Decke und wenig Vermarktungspotenzial. Geldgeber standen ebenfalls nicht gerade Schlange, um den Verein zu unterstützen.
Trotz der seinerzeit vorherrschenden infrastrukturellen Defizite sahen Geschäftsführer Andreas Bahlburg (heute Vorstandschef), Sportchef Bernd Schlesinger und Hübner viel Potenzial in der SVG. "Als wir vor zwölf Jahren dort angefangen haben, hatten wir diese Träume. Daraus werden dann Visionen. Da steckt man dann ganz viel Arbeit, Geduld und Ausdauer rein - auch in schwierigen Zeiten. Dann kann sich etwas Tolles entwickeln", erklärte Hübner am Sonntag im NDR Sportclub.
Bahlburg, Hüber und Schlesinger Architekten des Erfolgs
Der frühere Weltklasse-Blocker ist gemeinsam mit Schlesinger der Architekt des sportlichen Erfolges. Unter anderem erreichten die Lüneburger in seiner Amtszeit schon dreimal das Pokalfinale. Der umtriebige Bahlburg zeichnete dafür verantwortlich, dass sich die Rahmenbedingungen kontinuierlich verbesserten. Der Umzug in die 2022 eröffnete Arena an der Lüner Rennbahn mit ihrer Kapazität für bis zu 3.500 Zuschauer war ein Meilenstein für den Verein, weil er ihm finanziell neue Möglichkeiten eröffnete.
Im Vergleich mit dem Serienmeister aus Berlin und vielen anderen europäischen Clubs, mit denen sich Lüneburg in dieser Saison in der Champions League duellierte, hat die SVG aber noch immer einen recht kleinen Etat. Immer wieder musste Hübner daher in den vergangenen Jahren einige seiner besten Spieler ziehen lassen. Umso bemerkenswerter, dass Lüneburg nun trotzdem ins Finale eingezogen ist.
Spieler bekommen in Lüneburg viel Freiheit
"Wir haben für uns den Weg und die Konstellation gefunden, die einfach funktionieren", sagte Hübner. Der gebürtige Bielefelder spricht damit auf eine kluge Transferpolitik und ein gutes Miteinander an. Das hat sich herumgesprochen. Bislang gelang es jedenfalls noch immer, schwerwiegende Abgänge adäquat zu kompensieren.
"Unsere Idee ist es, dass die Spieler frei spielen und Kreativität zeigen können. Dann passieren auch Fehler. Aber ich glaube, es passieren viel mehr tolle Dinge. Das hat die Mannschaft auch dieses Jahr wieder gezeigt. Und dann wächst mit diesen Erfolgen wie in der Champions League auch der Glaube an die eigene Qualität", erläuterte der Trainer.
Ausgegliche Saison-Bilanz gegen Berlin
In der Champions League war es seiner Mannschaft gelungen, Berlin auszuschalten. Im Pokal hatten hingegen die Hauptstädter den längeren Atem. Und in der Bundesliga konnten beide Clubs in dieser Saison je eines der direkten Duell gewinnen. Einen klaren Favoriten gibt es vor Beginn der Finalserie am kommenden Sonntag also nicht. Und bereits dieser Umstand ist ein Riesenerfolg für die SVG, verdeutlicht er doch die rasante Entwicklung des Vereins.
Hübner ist dennoch weit davon entfernt, Kampfansagen in Richtung des 14-maligen deutschen Meisters zu schicken, für den er von 1988 bis 2000 selbst am Netz stand. "Wir orientieren uns an unseren eigenen Standards. Wir wollen auf eine bestimmte Art und Weise spielen, unsere Kultur aufs Feld bringen. Wenn wir das schaffen, wissen wir, dass wir eine Mannschaft sind, die sehr schwer zu schlagen ist", sagte der 49-Jährige nüchtern.
Klingt beinahe so, als wäre es für Hübner das Normalste auf der Welt, dass seine Schützlinge nun um den Titel kämpfen. Ist es aber nicht, wie der Coach letztlich doch lachend eingestand: "Ich bin positiv erregt."
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