Die ehemalige Tennisspielerin Andrea Petkovic © IMAGO
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AUDIO: Podcast "Feel Hamburg" mit Andrea Petkovic (38 Min)

Tennis-Botschafterin Petkovic: (Un-)Ruhestand am Rothenbaum

Stand: 19.07.2023 10:30 Uhr

Andrea Petkovic ist das Gesicht des kombinierten Hamburger Tennisturniers am Rothenbaum. Dem NDR verrät sie, warum sie sich auf "Zugpferd" Alexander Zverev freut, Boris Becker bei ihr einen Stein im Brett hat - und Anwältin für sie womöglich der bessere Job gewesen wäre.

von Andreas Bellinger und Britta Kehrhahn

Der "Ruhestand" nach gut eineinhalb Jahrzehnten Tennis-Trubel tut ihr merklich gut. "Ich bin die jüngste Rentnerin der Welt", sagt Andrea Petkovic und kann sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Denn auch ohne Schläger in der Hand kann die 35-Jährige vom Weißen Sport nicht lassen. Obschon ihr seit ihrem Karriereende im vergangenen Jahr durchaus andere berufliche Ziele durch den Kopf gehen, wie sie im NDR Podcast "Feel Hamburg" erzählt.

Ein trefflicher Doppelfehler

Ruhestand? Rentnerin? Ein trefflicher Doppelfehler, um im Tennis-Jargon zu bleiben. Beim Turnier am Hamburger Rothenbaum, das am Montag für Damen und Herren beginnt, ist Petkovic nämlich erneut als Botschafterin unterwegs. Man könnte es neudeutsch auch Testimonial des Combined-Event nennen. Zwei Wettbewerbe der Tennisspielerinnen und -spieler am selben Platz zur selben Zeit könnten vielleicht auch dank der Zugkraft der einstigen Nummer neun der Weltrangliste zur Tradition in der Hansestadt werden. "Es ist ein Signal für die Turnierlandschaft und generell für die sportliche Gesellschaft in Deutschland", sagt Petkovic.

Traumjob Kommentatorin: "Weil ich gerne rede"

Eine spannende Aufgabe sicherlich. Vielleicht auch ein lohnendes Engagement auf dem Weg in ein Leben abseits des Tennis-Zirkus, den sie als TV-Moderatorin schon vor einiger Zeit eingeschlagen hat. Kommentatorin wäre sie auch gerne - am besten bei den vier Grand-Slam-Turnieren in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York. In der bisweilen winzig kleinen Kabine fühle sie sich wohl. "Weil", so Petkovic im Podcast, "ich sowieso Tennis-Fan bin, den ganzen Tag den Sport verfolge und - wie man unschwer hören kann - auch sehr gerne rede."

Rückschlag als Glücksfall

Mit ihrem autobiografischen Werk "Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht" hat Petkovic einer weiteren Leidenschaft gefrönt. Ein erstes Buch - ein zweites soll im Frühjahr 2024 folgen - auch über die Schattenseiten der Branche, die beispielsweise bei der Japanerin Naomi Osaka zu mentalen Problemen führten und auch Petkovic einst ins Grübeln gebracht haben. Drei Monate haderte sie mit dem Druck und der Last des Turnieralltags: "Ich hatte eine existenzielle Krise und bin eigentlich dankbar dafür." Danach kehrte sie nämlich glücklicher als je zuvor zurück und konnte "die letzten sechs Jahre meiner Karriere in vollen Zügen leben und genießen".

"Tennis-Legende" - da muss Petkovic lachen

Es habe sie stärker und wahrscheinlich zufriedener gemacht, sagt sie rückblickend. Die Retrospektive auf ihre Karriere hält - wie erst kürzlich in Wimbledon - mitunter auch skurrile Momente bereit. Warum sie ausgerechnet auf dem Heiligen Rasen ein Legenden-Match bestreiten sollte und durfte, kommentiert sie in ihrer eigenen, durchaus bescheidenen, in jedem Fall aber der Wirklichkeit entsprechenden Art mit einem beherzten Lachen. "Ich hatte eine sehr gute Karriere, aber sie war bei Weitem nicht legendär. So realistisch bin ich dann doch", sagt die neunfache Turniersiegerin, die auf Rasen nie reüssierte. "Trotzdem habe ich mich wohlgefühlt in meiner Funktion als Legende."

Leidenschaft für Franzbrötchen

Nun fungiert sie also als Botschafterin am Rothenbaum. Dort will sie sich in erster Linie um die Spielerinnen kümmern - und unbedingt mehr als genug Franzbrötchen vertilgen, weil es die daheim in Darmstadt nicht gibt. Ihren früheren Hopman-Cup-Partner Alexander Zverev wird sie treffen und vielleicht auch Boris Becker, dem Ambitionen zur Rückkehr in den Schoß des Deutschen Tennis Bundes (DTB) nachgesagt werden. Das ambivalente Verhältnis des Publikums teilt Petkovic weder im Hinblick auf Lokalmatador Zverev ("Natürlich hat er seine Schattenseiten, aber ich finde, er ist wichtig für das deutsche Tennis") noch auf den finanziell gestrauchelten und im Boulevard omnipräsenten Becker.

"Er fasziniert die jungen Leute. Deswegen ist er für jedes Turnier sehr, sehr wichtig." Andrea Petkovic über Alexander Zverev

Petkovic verteidigt Becker

Vor allem Becker würde sie "mit meinem Leben" verteidigen, meint Petkovic. "Wenn ich Fragen hatte, war er immer sehr, sehr großzügig mit seiner Zeit, hat seine Erfahrungen mit uns geteilt. Als mir der Druck und der Erfolg zu viel wurden und ich nicht wusste, wie ich damit umgehen kann, hat Boris mir immer Supertipps gegeben. Das werde ich ihm nie vergessen. Er hat mir viel geholfen." Auch Novak Djokovic, dessen Trainer Becker war, habe immer nur Gutes über ihn berichtet.

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Anwältin in eigener Sache

Sie als Anwältin der öffentlich Gescholtenen zu bezeichnen, würde sicherlich zu weit gehen. Dabei wäre Rechtsanwältin ein Berufswunsch gewesen, der womöglich sogar zu ihr gepasst hätte. Das jedenfalls meinte ein Regelhüter bei den All England Championships, der die am 9. September 1987 in Tuzla (Bosnien und Herzegowina) geborene Petkovic einst zur Kasse bitten wollte.

Bei einem Wutanfall auf dem Heiligen Rasen war ihr Pech nämlich, dass ihre Muttersprache auch die Schiedsrichterin aus Kroatien verstehen konnte. Nun sollte "Petko" ebenso 5.000 Pfund Strafe zahlen wie ein anderer Spieler, der sein Racket auf dem Platz zertrümmert hatte. Das sei ja wohl nicht vergleichbar und angemessen, argumentierte Petkovic wortreich. Was der Regelhüter mit "Andrea, Du solltest Anwältin werden" kommentierte - und die Strafe prompt halbierte.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | "Feel Hamburg" | 19.07.2023 | 06:00 Uhr

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