Nach Babypause: Belinda Bencic will über Hamburg zurück in Weltspitze

Stand: 30.10.2024 23:32 Uhr

Belinda Bencic will nach über einjähriger Babypause den Sprung zurück in die Tennis-Weltspitze schaffen. Für ihr Comeback hat sich die Olympiasiegerin von 2021 das kleine ITF-Turnier in Hamburg-Horn ausgesucht, bei dem ansonsten vorwiegend Talente und Spielerinnen aus den Niederungen des WTA-Klassements antreten.

Für die Rückkehr ihrer Mama auf die Tennis-Tour hat Bella Bencic am frühen Mittwochabend keine Augen. Die sechs Monate alte Tochter der früheren Weltranglistenvierten aus der Schweiz hält lieber ein Nickerchen, während sich ihre Mutter in der Halle des Hamburger Tennis Verbandes auf ihre Erstrunden-Partie bei der Hartplatzveranstaltung in Horn gegen Julia Avdeeva (Russland) vorbereitet.

Bella schlummert sanft in einem Kinderwagen, der am Rande des Nebencourts steht, auf dem zu diesem Zeitpunkt kein Match stattfindet. Martin Hromkovic, Vater des Töchterchens und Verlobter von Bencic, hat ein wachsames Auge auf sie. Gemeinsam mit rund 40 Zuschauern sieht Hromkovic, wie seine Lebensgefährtin Vorjahressiegerin Avdeeva deutlich mit 6:3, 6:1 bezwingt.

Comeback nach 415 Tagen bei Mini-Turnier

"Es hat sich teilweise angefühlt, wie wenn ich nicht weg gewesen wäre und teilweise auch sehr neu", erklärt die Ostschweizerin anschließend. Sie ist das erste Mal überhaupt in Hamburg. 415 Tage nach ihrem bis dato letzten Match auf der großen WTA-Tour bei den San Diego Open gegen Aliaksandra Sasnovich (Belarus) feiert sie an der Elbe bei einer sportlich vergleichsweise zweitklassigen Veranstaltung ihr Comeback.

Das Turnier des Weltverbandes ITF ist mit 60.000 US-Dollar dotiert. Für die Siegerin gibt es ein Preisgeld von 9.000 Dollar. Kleingeld für eine Spielerin wie Bencic, die in ihrer Karriere laut WTA-Angaben schon über zwölf Millionen Dollar gewann. Hinzu kommen hohe Einnahmen aus Sponsorenverträge. Denn in ihrer Heimat ist sie ein großer Star.

"Will immer noch zur Weltspitze gehören"

Und so sind es natürlich auch keine monetären Gründe, die Bencic in die Hansestadt geführt haben. "Wir fanden, dass es ein guter Termin ist. Wir haben gesehen, dass es ein Turnier in Hamburg gibt und fanden auch, dass das von der Reise nicht zu kompliziert ist. Wir fanden auch, dass es ein super sympathisches Turnier ist und sind sehr, sehr dankbar für die Wildcard", sagte die 27-Jährige dem NDR.

Ohne Druck wolle sie in Horn aufspielen, schauen, wo sie leistungsmäßig nach der langen Pause steht, erklärte Bencic. Perspektivisch will die Tokio-Olympiasiegerin aber wieder dorthin, wo sie vor ihrer Baby-Pause war: "Meine Ziele haben sich nicht geändert, ich will immer noch zur Weltspitze gehören."

Traum vom Grand-Slam-Sieg lebt

Dass sie von ihrem Können nichts verlernt hat, stellte ihr Premieren-Auftritt in Hamburg unter Beweis. Insbesondere ihr Auftritt im zweiten Satz gegen Avdeeva war eine Machtdemonstration. Dass Bencic nach ihrem glatten Zweisatz-Erfolg gegen die Russin von einem "soliden Match" spricht, wirkt wie eine Untertreibung.

Aber die Aussage zeugt auch vom großen Ehrgeiz der Schweizerin, die bis dato zwar sieben WTA-Titel und Olympia-Gold gewonnen hat, aber noch auf einen Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier wartet.

"Muskel Memory" und voller Terminkalender

Der Traum von einem Major-Erfolg treibt Bencic an. Aber vorerst muss sie sich auch immer wieder selbst stoppen. Denn nach der Schwangerschaft und der Geburt von Bella muss sie noch genauer in ihren Körper hineinhorchen. Als "Muskel Memory" tituliert die junge Mutter die Momente, in denen sie spürt, wie sich ihr Körper wieder nach und nach an alte Belastungen herantastet.

Bencic will ihre Pensum nun kontinuierlich steigern. Aus Hamburg wird sie nach Pétange (Luxemburg) reisen, um dort ebenfalls per Wildcard an einem kleinen ITF-Turnier teilzunehmen. Anschließend will sie der Schweiz dabei helfen, in den Play-offs gegen Serbien (15. und 16. November) den Abstieg in die Europa/Afrika-Gruppe des Billie Jean King Cups zu verhindern.

Hamburg als "Logistik-Test" für junge Familie

Der Termin-Kalender der 27-Jährigen ist also bereits wieder sehr voll. Und ganz "nebenbei" verlangt ja auch noch die kleine Bella die ganze Aufmerksamkeit ihrer Mama. "Die Herausforderung ist jetzt, dass wir es logistisch miteinander verbinden müssen. Im Trainingsalltag geht das schon gut, da haben wir schon unsere Routine gefunden. Und nun geht es darum, herauszufinden, wie das bei den Turnieren abläuft", sagte Bencic dem NDR.

Bislang macht es Bella ihrer Mutter aber auch sehr leicht. "Sie lässt mich nachts schlafen", erzählte die Schweizerin. Und wenn das Töchterchen - wie bei ihrem Auftaktmatch in Hamburg - dann auch noch während der Spiele der Mama ein Nickerchen macht, kann sich Bencic ohne Nebengeräusche auf ihren Job konzentrieren.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 29.10.2024 | 19:30 Uhr

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